Keinen Zoll

Als Helmut Kohl am 9. Februar 1990 zu Gesprächen über die deutsche Wiedervereinigung nach Moskau flog, hatte er einen Brief des US-Außenministers James Baker in der Tasche, demnach er versprechen sollte, dass die NATO keinen Zoll nach Osten vorrücken wird. Kurz vor seiner Abreise erhielt er einen Brief des amerikanischen Nationalen Sicherheitskomitees, in dem er aufgefordert wurde, einen (NATO) Sonderstatus für das Gebiet der DDR zu fordern. Er entschied sich für die erste der beiden widersprüchlichen Anweisungen und gewann damit die Zustimmung Gorbatschows.

Diese Wende inmitten der allgemeinen Euphorie über das Ende des Kalten Krieges und der Aussicht auf Weltfrieden verdeutlicht den Wendepunkt in der US-Außenpolitik: statt der Auflösung des Warschauer Paktes und der NATO, wie es unter anderem der frischgebackene Präsident Václav Havel forderte, erhielt die NATO eine neue Rolle. Zwei Jahre später präzisiert diese Paul Wolfowitz, Unterstaatssekretär für Sicherheitspolitik: Unsere Hauptaufgabe besteht darin, die Entstehung eines neuen Rivalen zu verhindern, der eine Bedrohung in der Größenordnung der ehemaligen UdSSR darstellt.

Es ist, als hätte die ganze Welt in den letzten Jahrzehnten ausgesprochen psychopathische Züge angenommen. Als würden wir unaufhaltsam auf einen Endzustand zusteuern, in dem ein paar psychopathische Parasiten die ganze Macht, den Reichtum sowie Milliarden von Sklaven besitzen werden, schrieb ich vor sieben Jahren. Inzwischen ist die Welt dem Endzustand näher gekommen, aber kohärenter Widerstand ist nirgends zu sehen. Es fehlt an wirksamen Erkennungs- und Abwehrmechanismen und Widerstandskraft gegenüber den Kreisen psychopathischer Persönlichkeiten. Es ist Zeit zum Nachdenken.

Die 1970er Jahre stellen einen Wendepunkt in der Kulturgeschichte des Westens dar, insbesondere der USA. Bis dahin gab es unter amerikanischen Eliten und Bürgern einen ungeschriebenen Konsens über eine gemischte Wirtschaft, über die breiteste und gleichmäßigste Verteilung des Nachkriegswohlstands in der Menschheitsgeschichte, ein Optimismus einer mittelständischen Demokratie, in der sich die Wirtschaftseliten als ihre verantwortlichen Verwalter sahen.

Die 1960er Jahre stellen den Höhepunkt und das Ende der Aufbruchstimmung dar. Im November 1963 wird John F. Kennedy ermordet, ab 1966 beginnen Proteste gegen den Vietnamkrieg, Studentenaufstände, Rassenunruhen, im April 1968 wird Martin Luther King ermordet, im Juni Robert F. Kennedy. Die Wirtschaft befindet sich in einer Rezession, Inflation und Arbeitslosigkeit steigen, und mit dem Ölschock nehmen auch die Warteschlangen für Benzin zu. Der Watergate-Skandal, der Rücktritt von Richard Nixon und das Vietnam Fiasko haben das Vertrauen in die mittelständische Demokratie und in das politische System als solches in seinen Grundfesten erschüttert.

Der Aufstieg global machtorientierter Psychopathen lässt sich fast auf den Tag datieren. Als Helmut Kohl am 9. Februar 1990 zu Gesprächen über die deutsche Wiedervereinigung nach Moskau flog, hatte er einen Brief von US-Außenminister James Baker in der Tasche, in dem er versprechen sollte, die Nato werde keinen Zoll nach Osten vordringen. Kurz vor seiner Abreise erreichte ihn ein Schreiben des amerikanischen National Security Committee, dem nach er einen (NATO-) Sonderstatus für das Gebiet der DDR beantragen solle. Er wählte die erste der beiden widersprüchlichen Anweisungen und gewann damit Gorbatschows Zustimmung.

1990 gab es weit und breit keine Bedrohung aus dem Osten. Die UdSSR zog ihre Armeen aus Osteuropa und dem Baltikum ab, reduzierte ihre Zahl auf ein Drittel, schloss mit den USA einen Vertrag über die Reduzierung ballistischer Raketen, eliminierte mit ihrer Hilfe den größten Teil ihres atomaren Potenzials und brach ein Jahr später zusammen. Auf der Tagesordnung stand ein neues gesamteuropäisches Sicherheitssystem. Es gab keine anderen rationalen Gründe für das Fortbestehen der defensiven Allianz als offensive.

Das Wirken psychopathischer Führungskräfte in Wirtschaftsunternehmen wurde im Detail analysiert. Der Einfluss psychopathischer Führer in der globalen Politik wird direkt erlebt. In beiden Fällen verfolgen sie die gleichen Ziele des persönlichen Reichtums und der Macht und verwenden die gleichen Techniken, um bestehende Strukturen zu untergraben und Spannungen und Konflikte zu erzeugen. In beiden Fällen führen sie zu einem Zusammenbruch, im ersten Fall des Unternehmens, im zweiten Fall des westlichen Zivilisationsmodells

Erfahrene Leute empfehlen, wenn Psychopathen ein Unternehmen übernehmen, nicht zu versuchen, sie zu bekämpfen, sondern zu gehen. Global ist dies jedoch nicht möglich. Ist also der Endzustand der westlichen Welt, wenn, wie Klaus Schwab vom Weltwirtschaftsforum Davos prognostiziert, keiner besitzt etwas und alle sind glücklich? Oder das Überleben in radioaktiven Trümmern?

Am 18. Jänner, wenige Tage vor den tschechischen Präsidentschaftswahlen, erhielt ich eine E-Mail aus einer unpolitischen Gruppe von Freunden mit einem Anti-Babiš-Pamphlet. Ich antwortete mit einem Anti-Pavel-Bild, das ich kurz zuvor erhalten hatte. Von einer Gruppe von vierzig Empfängern wurden mir sieben E-Mails als unzustellbar zurückgemeldet, weil This message does not pass authentication checks (SPF and DKIM both 5.7.26 do not pass), diese Nachricht die Authentifizierungsprüfung nicht bestanden hat.

Das ist mir in Jahrzehnten des regen E-Mail-Verkehrs noch nie passiert. Von Zeit zu Zeit sind einige E-Mails unzustellbar, die Adresse existiert nicht mehr, sie ist überfüllt usw., aber bisher hat noch niemand die Zustellung meiner Nachricht blockiert, und gleich in einem solchen Ausmaß. Ich habe alle sieben Fehlermeldungen überprüft, die allesamt von gmail.com-Adressen kamen. Ein paar Minuten später schickte ich eine weitere E-Mail an die Gruppe, in der ich darauf hinwies, dass gmail.com das Bild von Petr Pavel blockiert. Sie wurde allen zugestellt, auch den sieben.