Europe: Destined for Conflict? (Europe: Für den Konflikt bestimmt?) war der Titel des Referats, das George Friedman, ein amerikanischer Analyst und Gründer der privaten CIA Stratfor, 2015 im Chicago Committee on Foreign Affairs vorstellte. Die Priorität, für die wir ein Jahrhundert Kriege geführt haben – den Ersten, den Zweiten und den Kalten, war die Beziehung zwischen Deutschland und Russland, denn ihre Verbindung würde die einzige Macht darstellen, die uns gefährden könnte. Und dafür zu sorgen, dass dies nicht passiert.

Dass dies nicht passiert, ist der rote Faden, der sich über das neue Jahrhundert zieht. Ohne ihn kann man dieses nicht verstehen.

Im Juli 1989 stellte Michail Gorbatschow die Vision des Gemeinsamen Europäischen Hauses von Lissabon bis Wladiwostok vor und ermutigte die bisherigen Verbündeten, eigene Wege zu gehen. Im folgenden Jahr wurde der Warschauer Pakt aufgelöst und ein Jahr später die UdSSR. Das Ende der Geschichte ist angekommen. Die Welt schien sich nur in Frieden und freundschaftlicher Zusammenarbeit weiterzuentwickeln. Es bestand die Gefahr, dass sich nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa mit Russland verbinden würde, dass die US Army, die NATO, die CIA, der militärisch-industrielle Komplex ihre existenzielle Berechtigung verlieren würden, dass eine Macht entsteht, die Amerika gefährden könnte. Es musste gesorgt werden, dass dies nicht passiert.

1993 begannen also Václav Havel und Lech Walęsa plötzlich eine russische Expansion zu fürchten und bestanden auf einem NATO-Beitritt. Obwohl die USA an das Versprechen gebunden waren, dass die NATO nach der deutschen Wiedervereinigung keinen Zoll nach Osten vorrücken würde, zeichneten sich bereits ganz anderen Perspektiven ab. 1997 wurde das Project for the New American Century (PNAC) gegründet, um die amerikanische unipolare militärische Weltherrschaft durchzusetzen. Zehn der 25 Unterzeichner werden vier Jahre später Schlüsselpositionen in der G. W. Bush-Administration einnehmen.

1999 erweiterte sich die NATO um die ersten drei und bis 2020 um insgesamt siebzehn postsowjetische Staaten. 1999 begann das Verteidigungsbündnis nach einer Provokation in Rambouillet seinen historisch ersten Kampfeinsatz - einen Angriff auf Jugoslawien, den engsten Verbündeten Russlands.

Russland zeigte nach den Anschlägen vom 11. September 2001 volle Unterstützung durch die USA und bekundete im folgenden Jahr sogar sein Verständnis für die NATO-Osterweiterung und beantragte auch den Beitritt, wohl im Einklang mit früheren Vorschlägen der Clinton-Regierung. Gemeinsame Interessen im Kampf gegen den Terror haben mit Putin auch George W. Bush und Tony Blair gefunden und Russland stellte sogar einen Militärflughafen für die afghanische Invasion zur Verfügung. Es bestand die Gefahr, dass freundschaftliche Beziehungen überwiegen könnten. Es musste gesorgt werden, dass dies nicht passiert.

Russland erhielt keine Antwort auf seinen NATO-Mitgliedschaftsantrag. Stattdessen zogen sich die Vereinigten Staaten 2002 aus dem Vertrag über die Nichtverbreitung ballistischer Waffen zurück, 2004 wurden weitere sieben postsowjetische Länder bis auf die russische Grenze in NATO aufgenommen und in den anderen unterstützten oder organisierten die USA laufend Farbrevolutionen, um pro-russische Regierungen zu stürzen. 2006 begannen sie bilaterale – außerhalb der NATO – Verhandlungen mit Polen und Tschechien über die Installation von Militärbasen auf ihren Territorien.

Russland erkennt langsam, dass es in Europa nicht nur unwillkommen, sondern in die Rolle eines Feindes verdammt ist, dass sich die NATO nach dem Einmarsch in Jugoslawien 1999 und Irak 2003 von einer defensiven zu einer offensiven Allianz gewandelt hat und dass ihre Expansion bis an die Grenzen Russlands eine reale Bedrohung darstellt. Dies wurde auch durch die Arroganz westlicher Reaktionen bestätigt, die Russlands Sorgen als völlig unbegründete subjektive Gefühle von Wladimir Putin herunterspielten, die nicht ernst genommen werden sollen, da hinter ihnen der ewige russische Expansionismus lauert.

Auf dem NATO-Gipfel im März 2008 sagte Putin, dass der Beitritt der Ukraine und Georgiens als direkte Bedrohung der Sicherheit Russlands angesehen würde, und Minister Lawrow warnte vor einer Destabilisierung der Ukraine, die Russland zwingen würde, zu entscheiden, ob es intervenieren soll. Die US-Regierung hat dies zu Recht als eine rote Linie eingeschätzt und sofort Maßnahmen ergriffen, um diese zu überschreiten und Russland zu zwingen, zu entscheiden, ob es intervenieren soll. Zwei Monate später wurden auf der NATO-Konferenz in Bukarest die Erweiterung um Georgien und die Ukraine angekündigt, und im Juli fanden gemeinsame NATO-Manöver mit Georgien, der Ukraine, Armenien und Aserbaidschan statt.

Amerika kämpft für seine Freunde, versicherte Condoleezza Rice dem georgischen Präsidenten Mikheil Saakaschwili, bevor er im August 2008 einen Artillerieangriff und Feldzug gegen Städte in Ossetien und Abchasien startete. Als jedoch Russland den Vorstoß innerhalb von fünf Tagen abwehrte und die staatliche Unabhängigkeit beider Gebiete anerkannte, blieb Georgien auf sich selbst angewiesen. Die einzige Unterstützung, die sie erhielt, war eine mediale Hetzkampagne Georgien 2008 = Tschechoslowakei 1968 und die ersten Androhungen von antirussischen Sanktionen. In Tschechien wird die Kampagne seit Anfang des Jahres vorbereitet, was angesichts der vorangegangenen 40-jährigen Amnesie ein beredtes Indiz dafür ist, dass der Konflikt geplant und zeitlich im Voraus vorbereitet wurde.

Das Jahr 2008 ist für die gegenseitigen Beziehungen ein Jahr der Umkehr. Anstelle zu Europa beginnt Russland, sich in eine andere Richtung zu wenden und modernisiert seine Armee radikal. Das erste Gipfeltreffen von Brasilien, Russland, Indien und China findet im Juni 2009 statt, ein Jahr später tritt die Republik Südafrika bei und der BRICS - Bund wird gegründet. 2013 hielten Russland und China eine gemeinsame Militärübung ab, im Jahr darauf gründeten die BRICS eine eigene Entwicklungsbank. Parallel entsteht seit 2011 die Eurasische Wirtschaftsunion (EAEU), die mehrere europäische und asiatische postsowjetische Staaten zusammenführt. 2017 werden Indien und Pakistan der Shanghai Cooperation Organization beitreten. Auf der anderen Seite startet die EU das Programm der Östlichen Partnerschaft im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit und Expansion in die postsowjetischen Staaten, den Nahen Osten und Afrika.

Beide Seiten bewerben sich um die Ukraine, Putin durch einen Finanzkredit sowie einem Gasrabatt, die USA drängen Deutschland zu einem schnellen EU- und Nato-Beitritt auch ohne vorgeschriebene Verfahren. Die logische Lösung, dass die Ukraine eine Brücke zwischen ihnen sein könnte, wurde im Februar 2013 von José Manuel Barroso mit einem Ultimatum verhindert, dass die Ukraine nicht gleichzeitig Mitglied beider Unionen sein kann und sich für einen Weg entscheiden muss. Spätestens in diesem Augenblick ist eine für die beiden Landesteile, den proeuropäischen Westen und den prorussischen Osten, akzeptable Lösung verblasst.

Nach wochenlangen Verhandlungen kündigte Präsident Janukowitsch am 21. November überraschend an, die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU auf das Frühjahr 2014 zu verschieben. Anschließende Protestkundgebungen auf dem Majdan Nezaležnosti sind wahrscheinlich spontan entflammt, doch früher oder später übernahmen die Regie die USA. Sie bildeten militante Gruppen von Rechtsextremisten, weitere militante Gruppen importierten sie aus Israel, stellten bewaffnete Selbstverteidigungskräfte auf und bereiteten einen Putsch gegen die demokratisch gewählte Regierung vor.

Die Krise kulminierte am 20. Februar, als unbekannte Scharfschützen, vermutlich von der CIA rekrutiert, rund hundert Demonstranten und Polizisten erschossen. Am nächsten Tag vermittelten Vertreter Deutschlands, Polens und Frankreichs eine Einigung zwischen den Demonstranten und Präsident Janukowitsch. Allerdings folgten die Selbstverteidigungskräfte nicht den Vereinbarungen mit der EU, sondern den Anweisung Fuck the EU! (Scheiß auf die EU!) John Kerrys Assistentin für Europa Victoria Nuland. Am 22. Februar führten sie einen bewaffneten Putsch durch, besetzten das Parlament, vertrieben Janukowitsch und setzten eine neue, scharf antirussische Regierung ein. Vier Tage später hat EU kapituliert und die neue Regierung anerkannt.

Doch die Anerkennung verweigerten ihr die südöstlichen Regionen der Ukraine mit einem hohen russischen Bevölkerungsanteil, Luhansk, Donezk und die Krim, und begannen dagegen zu rebellieren. Das Parlament der Autonomen Republik Krim hat ein Referendum über die Unabhängigkeit ausgerufen und russische Truppen haben die ukrainische Armee daran gehindert, es zu unterdrücken. Am 16. März verlief das Referendum wie erwartet, und am Tag darauf verabschiedete das Parlament der Krim die Unabhängigkeitserklärung der Krim, die die Möglichkeit eines Beitritts zu Russland vorsieht. Das Beitrittsabkommen wurde am 18. März von beiden Seiten unterzeichnet und drei Tage später vom russischen Parlament ratifiziert.

Der Begriff russische Annexion der Krim hat sich in der antirussischen Propaganda eingelebt. Es ist umstritten, es hängt von der Anerkennung der Legitimität des Krim-Referendums ab, das der ukrainischen Verfassung widerspricht, doch entspricht der Verfassung der Autonomen Republik Krim. Antirussische Stimmen argumentieren in Verletzung des Budapester Memorandum 1994, in dem sich Russland verpflichtete, die territoriale Integrität der Ukraine zu respektieren. Tatsache ist jedoch, dass der Putsch vom 22. Februar mit ihrer Rechts-, und die Aufstandsbewegung in den östlichen Regionen mit ihrer territorialen Kontinuität und somit mit ihrer staatlichen Subjektivität abgebrochen haben. Basierend auf dem demokratischen Grundpostulat alle Macht vom Volke, ist das Referendum die höchste Entscheidungsinstanz. Man kann auch fragen, zu welcher Ukraine die Krim sonst gehören sollte, ob zu dem westlichen Kiew oder zu den östlichen Separatisten, und wie viele Tote welche Variante erfordern würde.

Der Beitritt zur Russischen Föderation hat zweifellos das Leben von Tausenden von Menschen auf beiden Seiten gerettet, diente aber als Beweis für den russischen Expansionismus und als Vorwand, Russland aus den G8 auszuschließen und die erste Tranche von Sanktionen zu verhängen. Ihre Heuchelei fällt auf, wenn man sie mit den Reaktionen auf die tatsächlichen militärischen Annexionen der Golanhöhen und Ost-Jerusalems durch Israel vergleicht.

CIA-Chef John Brennan kam persönlich, um die neue ukrainische Regierung zum Einsatz der Armee gegen die Separatisten zu drängen, und versprach finanzielle Hilfe. Die Regierung startete die Anti-Terror- Operation – eine Kampagne der Armee, Neonazi-Milizen und ausländischer Söldner gegen die pro-russische Separatistenbevölkerung des Donbass gemäß einem von der RAND Corporation vorbereiteten Plan. Ziel war es, Russland zum Eingreifen zu provozieren und einen bewaffneten Konflikt zwischen Russland und den EU-Staaten zu provozieren. Drei Faktoren trugen zum Scheitern bei. Russland verzichtete auf ein Eingreifen, und unterstützte die Separatisten nur durch russische Militärfreiwillige. Die Separatisten schafften es sich nicht nur zu verteidigten, sondern der ukrainischen Armee in der Offensive im August eine bedeutende Niederlage zu zufügten. Und die europäischen Länder haben nicht den geringsten Wunsch gezeigt, sich auf den Krieg mit Russland einzulassen.

Umso eifriger nahm sich die antirussische Propaganda der Situation an. Ein westlicher Medienkonsument wusste, dass in der Ostukraine russische Truppen kämpften, dass Russland eine Invasion vorbereitete, die Separatisten mit Raketen versorgte, um das malaysische Flugzeug MH17 abzuschießen, und die Krim annektierte. Russlands Aggression in der Ukraine bedroht Europa und Russland steht kurz vor einer Invasion. Gleichzeitig statten die USA die Ukrainische Streitkräfte mit modernster Technologie aus, trainieren die ukrainische Armee, führen gemeinsame Manöver durch und eskalieren die Spannungen im Schwarzen Meer.

Ein besonderer Impuls war der Abschuss des malaysischen Zivilflugzeugs MH17 mit 298 Menschen an Bord am 17. Juli 2014. Ohne weitere Ermittlungen führten der ukrainische SBU und die US-Regierung dies sofort Russland zu und lösten eine neue Runde antirussischer Hysterie aus und Sanktionen. Die schiere Art der Reaktionen trotz Einwände der Geheimdienste kann als Hinweis darauf deuten, dass es zu diesem Zweck abgeschossen wurde. Ein internationales Untersuchungsteam unter Führung der Niederlande kam im Mai 2018 zu dem Schluss, dass das Flugzeug von Separatisten aus Donezk mit einer von der russischen Armee bereitgestellten BUK-Flugabwehrrakete abgeschossen worden war. Allerdings weist der Bericht eine Reihe von Ungereimtheiten auf, die an Berichte über Saddams Massenvernichtungswaffen erinnern. Der Leser kann es zum Beispiel mit einer zeitgenössischen Analyse des Servers 21stcenturywired oder mit neueren Untersuchungen des investigativen Journalisten Erik Zuesse vergleichen, die zu gegensätzlichen Schlüssen kamen.

Eine weitere Welle antirussischer Hysterie und Sanktionen sind durch die August-Offensive der Separatisten ausgelöst. Russland hat weit über 1.000 Soldaten in der Ukraine, allarmiert die Nato. Panzer, Artillerie und Infanterie haben die Grenzen aus Russland überschritten, steigert New York Times. Doch die 250 OSZE-Beobachter, die die Lage vor Ort beobachten, haben wiederholt bestätigt, dass es keine russischen Truppen oder Waffen in der Ukraine gibt. Die Fake News der NATO werden auch von den deutschen und französischen Geheimdiensten widerlegt, und Veteranen der amerikanischen Geheimdienste warnen Angela Merkel vor antirussischer Hysterie.

Nach der Augustoffensive wurden im September und nach dem Scheitern erneut im Februar 2015 im sogenannten normannischen Format (Frankreich, Deutschland, Russland und Ukraine, ohne die USA) die Minsker Vereinbarungen ausgehandelt. Sie sehen einen sofortigen Waffenstillstand, den Abzug schwerer Waffen unter OSZE-Kontrolle, Amnestie und Gefangenenaustausch, die verfassungsrechtliche Anerkennung des Sonderstatus von Luhansk und Donezk mit der Wahl ihrer Parlamentsabgeordneten sowie die Wiederherstellung der ukrainischen Souveränität vor.

Beide Parteien machten sich gegenseitig für die Nichteinhaltung und Verletzung des Waffenstillstands in den folgenden Jahren verantwortlich. Die Berichte beider Parteien (nur einer in den westlichen Medien) sind mit großer Vorsicht zu genießen. Ein Anhaltspunkt ist der Bericht des UN-Hochkommissars für Menschenrechte: vom Beginn der Anti-Terror-Operation bis Ende 2021 wurden mehr als 14.000 Menschen getötet, 381 davon in den Jahren 2018-2021. Allerdings 310 (81,4%) von ihnen auf dem Gebiet des Donbass und nur 62 (16,3%) auf dem Gebiet der Kiewer Ukraine.

Mögliche Ziele können ebenfalls bedacht werden. Für Separatisten könnte es ein Versuch sein, die kontrollierten Gebiete auszuweiten. Angesichts der prekären Lage, des anhaltenden Beschusses und der Überlegenheit der ukrainischen Armee, des neonazistischen Asow-Bataillons und der amerikanischen Söldner würde ich jedoch einen Schwerpunkt in der Verteidigung statt im Angriff erwarten.

Anders sieht es auf der Kiewer Seite aus. Vor allem ist es kein souveräner Staat, der von den Interessen des eigenen Landes regiert wird, sondern de facto eine Kolonie der Vereinigten Staaten. Sie beschlossen, Janukowitsch durch ultranationalistische und Neonazi-Gruppen zu stürzen und eine neue neoliberale Regierung zu bilden. Sie gewähren der Ukraine Kredite und finanzielle Unterstützung, finanzieren, bewaffnen und bilden die ukrainische Armee aus, die CIA bildet ukrainische paramilitärische Gruppen aus, und eine amerikanische Bankerin war Finanzministerin in der ukrainischen Regierung. John Biden brüstete sich, wie er 2016 die Abberufung des ukrainischen Staatsanwalts erpresste. Die Vereinigten Staaten helfen der Ukraine und ihrem Volk, damit wir dort gegen Russland kämpfen können und nicht hier, hat es Adam Schiff auf den Punkt gebracht.

Doch die Hilfe ist nicht nur einseitig. Die Ukraine verfügt über ein wirtschaftliches und menschliches Potenzial, das für einen ziemlich anständigen Wohlstand ausreichen würde. Die Insel der Armut macht aus ihr der ungeheure Maß an Korruption, der höchste in Europa, was eine der Ursachen der Orangen Revolutionen von 2004 und 2013 war. Daran änderte auch der Putsch von 2014 nichts. Im Gegenteil, die enge Verbindung mit dem amerikanischen Establishment fügte nur mehr Klienten, Möglichkeiten und Ressourcen hinzu einschließlich der Unterstützung der ukrainischen Armee, und eröffnete den ukrainischen Oligarchen neue Horizonte.

Unterdessen wird der Aufbau des Feindes an allen Fronten fortgesetzt. Russland verhaftet kritische Pussy-Riot-Künstlerinnen, vergiftet Alexander Litvinenko, legt das finnische Internet lahm, manipuliert Trumps Wahl, greift den Deutschen Bundestag an, verbreitet Desinformationen über den Fall Lisa, bricht in die Mails des dänischen Verteidigungsministeriums ein, organisiert einen Putschversuch in Montenegro, legt das Energiesektor-Netzwerk der Ukraine lahm, vergiftete Sergej Skripal und Putins Rivalen Alexej Nawalny mit dem Nowitschock.

Äußerungen wie möglich, nicht ausgeschlossen, wahrscheinlich werden ausgelassen, nur unbestreitbare Tatsachen fließen in die Medien und offiziellen Stellungsnahmen ein. Sollte dennoch der leiseste Zweifel bestehen, wird dieser von der investigativen Agentur Bellingcat definitiv ausgeräumt. Der Verbraucher wird nicht einmal mehr daran denken, russische Verbrechen mit amerikanischen und israelischen Aggressionen zu vergleichen. Jeder Vorwand, ob noch unbestätigt oder bereits widerlegt, ist geeignet, weitere Sanktionen zu verhängen – der aussagekräftigste Hinweis auf reale Ziele, Russland zu überlasten und zu erschüttern, gemäß der Strategie des Thing-Tanks der Rand Corporation. Wer Sanktionen fordert, will Krieg, erklärte 2014 der Wiedervereinigungsarchitekt Willi Wimmer.

Die Vorstellung von Abgeordneten der prorussischen Regionen im ukrainischen Parlament entspricht sicherlich nicht den Interessen der Kleptokratie oder der Strategie, dafür zu sorgen, dass sich Europa nicht mit Russland vereinigt. Anstelle des Sonderstatus von Luhansk und Donezk verabschiedet die Ukraine im Januar 2018 ein Gesetz zu ihrer Wiedereingliederung durch Maßnahmen zur Sicherung der staatlichen Souveränität, sprich durch militärische Gewalt.

Im Januar 2021 kehrt in den USA die Garnitur zurück, die die Regie des Putsches von 2014 inne hatte, Joe Biden, Antony Blinken, Victoria Nuland, und treiben Ukraine in den Konflikt mit Russaland. Die Position von Wolodymyr Zelensky, der 2019 mit dem Versprechen gewählt wurde, den Krieg im Donbass zu beenden, ist unsicher; anders als Petro Poroschenko kann er dem Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat nicht widersprechen. Im Februar bereitet er Wiedereingliederungspläne für den Donbass vor, im März erlässt er ein Dekret über die Deokkupation und Wiedereingliederung der Krim und im Februar dieses Jahres erwägt er die Entwicklung von Atomwaffen. Die Spannung eskaliert schnell. Joe Biden kündigt an, dass Putin für die Untergrabung der US-Wahlen bezahlen wird und nennt ihn einen Mörder, verspricht Zelensky den sofortigen NATO-Beitritt und der Verteidigungsminister verspricht der Ukraine, wie bereits 2008 Condoleezza Rice der Georgien, unerschütterliche Hilfe.

Allerdings reagierte Russland auf die geplante Wiedereingliederung im Frühjahr 2021 wiederum nicht mit einer Invasion, sondern mit einer demonstrativen Truppenkonzentration entlang der ukrainischen Grenze. Eine schnelle Wiedereingliederungsoffensive wurde damit militärisch undurchführbar und der Druck musste erhöht werden. Warnungen vor einer sofortigen russischen Invasion, ein Bestandteil der Folklore seit 2014, gewinnen jetzt an Dringlichkeit. Im März startet die NATO eine Reihe von Militärübungen, um die Durchgängigkeit osteuropäischer Länder durch das US-Militär zu überprüfen. Im Juni findet in der Ukraine die Militärübung Kosakenkeule unter britischem Kommando statt, die offen einen Bodenkonflikt mit Russland simuliert. Im November schließt die Ukraine eine Strategische Partnerschaftscharta mit den USA. Im Januar bricht Biden die Zurückhaltung von Obama und Trump und beliefert die Ukraine mit hochmodernen tödlichen Waffen.

Russland beginnt zu begreifen, dass es diesmal ernst wird. Im Dezember 2021 legte Putin eine Liste der Anforderungen an eine neue Sicherheitsstruktur in Europa vor, insbesondere Garantien, dass die Ukraine nicht der NATO beitreten und die NATO ihre Truppen aus Mittel- und Osteuropa zurückziehen würde – und zwar sofort. Der Westen schätzte die Dringlichkeit der Forderungen Russlands vergleichbar mit dem Münchner Appeasment ein, wies sie hochmütig zurück und drohte im Falle einer Invasion mit schnellen und harten Sanktionen. Die Washington Post, die New York Times, das Wall Street Journal starteten eine offene Hetzkampagne für den Krieg mit Russland.

Anfang des Jahres wiederholte sich das Szenario des letzten Jahres: Im Dezember konzentriert die Ukraine 125.000 Soldaten entlang der Kontaktinie, um Donbass wiedereinzugliedern, und Russland konzentriert mehr als 100.000 Soldaten entlang der ukrainischen Grenze, um ihn zu verteidigen. Die russische Invasion beginnt am 16. Februar, allarmiert Biden die Verbündeten. Putin, Lawrow, aber auch Zelensky und Verteidigungsminister Reznikov schließen es aus. Beruhige dich und mach keine Panik, richtet Zelensky an Biden aus. Auch CIA-Chef William J. Burns hat Vorbehalte gegen Bidens Vorgehen.

Selbst die europäischen Verbündeten stehen bei weitem nicht geschlossen hinter den Vereinigten Staaten. Deutschland und Frankreich sehen keine Anzeichen von Invasionsvorbereitungen und bestehen, ebenso wie Italien, auf einer diplomatischen Lösung. Deutschland weigert sich nicht nur, Waffen an die Ukraine zu liefern, sondern hindert auch andere Nato-Staaten wie Großbritannien oder Estland daran. Doch für diejenigen, die eine Verbindung von Deutschland und Russland verhindern wollen, wie auch für die amerikanische Ölindustrie, ist die russisch-deutsche Gaspipeline Nord Stream 2, die Deutschland nicht aufgeben will, das röteste Tuch. Die USA wandten sich sogar an China an und versorgte sie mit Geheimdienstinformationen, um die russische Invasion abzuwenden. China teilte ihnen mit, dass sie keine Vorbereitungen für eine Invasion sehe, und leitete die Geheimdienstinformationen umgehend an Russland weiter.

Am 16. Februar fand die angekündigte Invasion nicht statt.

Drei Tage später sagte Biden jedoch erneut, dass er der Überzeugung ist, dass dies in den kommenden Tagen kommt. Nicht nach den Geheimdiensten, sondern nach der Überzeugung. Um genauer zu sein, eher nach der Gewissheit, dass Russland dazu gezwungen wird.

Aber was geschah in der Zwischenzeit bis zum 24. Februar und was zwang Putin schließlich zu einem Schritt, der die Weltordnung umkehrte?

Ein Grund war zweifellos der Artillerie- und Raketenbeschuss der Donbass-Städte, der ab dem 17. Februar so intensiv wurde, dass es notwendig wurde, diese nach Russland zu evakuieren. Die Pläne, in der Ukraine Raketensysteme zu installieren, waren eine offene Gefahr. Es ist durchaus möglich, dass hinter Zelenskys Erwähnung einer Änderung des Nuklearstatus der Ukraine mehr als nur hypothetische Erwägungen steckten. Ein weiterer Grund könnte die für den 8. März geplante ukrainische Offensive gegen Donbass und die Krim sein. Die Ukraine bestreitet zwar solche Pläne, doch andererseits entsprechen sie den Gesetzen und Dekreten des letzten Jahres über Deokkupation und Wiedereingliederung.

Eine weitere Spur wird vom Server Investment Watch Blog angeboten. Sie geht von dem zweifelhaften China-Besuch des CIA-Chefs William J. Burns im Dezember, um diese auffordern, auf Russland einzuwirken, um die Invasion abzuwenden, aus. Die chinesische Reaktion war leicht vorhersehbar, ebenso wie die Tatsache, dass die bereitgestellten Geheimdienstinformationen unverzüglich an Russland weitergegeben würden. Doch das könnte das eigene Ziel sein. Im Dezember bot Biden Zelensky die sofortige Aufnahme in die Nato an, und die der China übermittelten Geheimdienstinformationen könnten auch eine Bestätigung und so etwas wie ein Aufnahmedatum enthalten. Für Russland bedeutete dies, die absolute rote Linie zu überschreiten, wie Biden und Burns wussten. Wäre Ukraine in NATO aufgenommen und die Wiedereingliederungsoffensive starten, würde der Schutz der abtrünnigen Regionen den Krieg mit NATO bedeuten. Und über die endgültige Neutralisierung der Ukraine zu verhandeln – sofort, wahrscheinlich aufgrund des erwarteten Aufnahmetermins - lehnte der Westen ab. Bidens Gefühle waren absolut richtig.

Es ist zu früh, die Folgen abzuschätzen, doch eines lässt sich schon heute sagen: Tausende sterben und Millionen Menschen leiden in der Ukraine, weil der Westen nicht bereit war zu versichern, dass die Ukraine nicht in die NATO aufgenommen wird. Ihre Aufnahme stand nie auf der Tagesordnung, kündigte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg im März an. Drei Wochen früher hätte es Europa vor dem Krieg bewahrt. Die Versprechungen, die sie der Ukraine machten, die Spannungen, in denen sie Russland hielten, die Drohungen, der Aufbau von Offensivwaffen an ihren Grenzen, der Beschuss von Donbass-Städten und wahrscheinlich die Fehlinformationen, die sie Russland unterschoben, verfolgten ein Ziel: diesen Krieg zu provozieren, damit sich Europa mit Russland nicht verbänden und es keine einzige Macht gäbe, die die USA bedrohen könnte.

Wie vertrauenswürdig die Versprechen an Zelensky waren, zeigen seine panischen Erwartungen, völlig losgelöst von der Realität. Er fordert militärische Hilfe von den USA, der Europäischen Union, Israel, den sofortigen Beitritt zur EU, die Einrichtung einer Flugverbotszone oder zumindest die Lieferung von Militärflugzeugen. Er beschämt die Staats- und Regierungschefs der Welt, sich nicht an dem Kampf anzuschließen sowie NATO, dass es keine Flugverbotszone errichtet hat und dass es vor Russland Angst hat. Wir verteidigen unser Land allein und das mächtigste Land der Welt sieht nur aus der Ferne zu.

Er versteht nicht, dass das mächtigste Land der Welt kein Interesse am Kämpfen und Sterben hat, dass es dafür andere gibt und dass die Ukraine ihre Rolle als Köder bereits erfüllt hat. Die USA, NATO und die EU versichern der Ukraine weiterhin erweiterte Solidarität, bewaffnen sie und hetzen sie in den weiteren Kampf. Zelensky ruft eine Generalmobilmachung aus, organisiert den Volkssturm, verteilt Waffen an Zivilisten, fordert sie auf, Molotow-Cocktails herzustellen, und macht sie zu legitimen militärischen Zielen.

Zweifellos verdient die heldenhafte Verteidigung der Ukrainer höchsten Respekt. Auch wenn man gerade der ukrainischen Kriegspropaganda (und andere Meldungen erscheinen in den westlichen Medien nicht) mit größter Zurückhaltung genießen muss, ist das Narrativ, die russische Armee sei auf erbitterten Widerstand gestoßen und habe die geplanten Ziele nicht erreicht, durchaus wahrscheinlich. Die Strategen haben wahrscheinlich nicht erwartet, dass die Ukraine einen verlorenen Krieg mit einer Unnachgiebigkeit führt, die an Berlin oder die japanischen Inseln erinnert.

Russlands Strategie ist nicht der alttestamentarische Schrecken und Furcht der amerikanischen Aggressionen, sondern die Anwendung minimaler Gewalt, um die ukrainische Armee zu lähmen. Statt großer Schlachten umzingelt und isoliert die russische Armee ukrainische Truppen, erobert keine stark verteidigten Städte, setzt keine Bomber-Luftwaffe oder schwere Artillerie ein und vermeidet nach Möglichkeit den Verlust von Zivilisten. Es zerstört keine zivile Infrastruktur; Wasser, Strom, Internet und sogar die Versorgung mit russischem Gas funktionieren ohne Unterbrechung. Es geht langsam und methodisch vor. Es hat keine Eile, nichts kann ihn aufhalten. Im Falle einer Eskalation ist es auch in der Lage, NATO-Truppen zu besiegen. Widerstand kann nur zum Einsatz von mehr Einheiten und schwererer Waffen mit höheren Verlusten auf beiden Seiten führen. Das ist eindeutig das Ziel von Kriegshetze und fieberhafter Aufrüstung, dem Kampf gegen die Verbindung Europas mit Russland bis zum letzten Ukrainer. An deiner Stelle würde ich über das Leben meines Volkes nachdenken und das russische Angebot annehmen, empfahl der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett Zelensky.

Die Reaktion auf die russische Invasion war nach zehn Jahren des systematischen medialen Artilleriefeuers zu erwarten, doch das Ausmaß und der Grad an Hass und Heuchelei müssen nicht nur Putin, sondern jeden nüchternen Beobachter erstaunt haben. Mit dem Angriff auf die Ukraine hat Russland wahrscheinlich ein Kriegsverbrechen der Aggression begangen, zumindest falls es nicht nachweisen kann, dass es in Notwehr oder in Verteidigung seiner Alliierten gehandelt hat. Dass die Aggression gegen ein anderes Land wieder als Kriegsverbrechen qualifiziert wird, ist allerdings sehr zu begrüßen.

Und nachzuholen. Zur gleichen Zeit, als Russland die Ukraine angriff, bombardierten die USA Somalia, Saudi-Arabien den Jemen und Israel Syrien. Die Zahl der Opfer amerikanischer Aggressionen vom Zweiten Weltkrieg bis zum Ende des Jahrhunderts wird auf bis zu 20 Millionen in 37 Ländern geschätzt. Wenn wir die russische Aggression in der Ukraine nur mit den amerikanischen in diesem Jahrhundert vergleichen, Afghanistan 2001, Jemen 2002, Irak 2003, Pakistan 2004, Somalia 2007, Indischer Ozean 2009, Libyen 2011, Uganda 2011, Syrien 2014, Irak 2014 und Libyen 2015, sehen wir mindestens drei signifikante Unterschiede. Die russische wird durch eigene Sicherheit gerechtfertigt, die durch das Nachbarland bedroht wird. Die amerikanischen werden durch eigene Interessen – oder Willkür – auf fernen Kontinenten gerechtfertigt. Die russische vermeidet Verluste auf beiden Seiten, die amerikanerische zeichnen sich durch den Einsatz maximaler Kräfte und das Verursachen maximaler Verluste aus. Und während die russische Aggression so viel wie möglich Zivilisten und Infrastruktur schont, sind Angriffe auf sie ein fester Bestandteil der amerikanischen Strategie; Allein die Drohnenangriffe haben Tausende von Zivilisten das Leben gekostet, viele von ihnen Kinder.

Ganz zu schweigen von den israelischen Aggressionen gegen den Libanon im Jahr 2006, Syrien von 2007 bis heute, die Friedensflotte und die palästinensischen Massaker, die seit 70 Jahren Gegenstand von UN-Resolutionen sind. Die amerikanische Reaktion sind keine Sanktionen, sondern eine uneingeschränkte Unterstützung.

Die unverhältnismäßige Reaktion auf die russische Invasion im Vergleich zu einem Dutzend anderer, viel brutalerer in Bezug auf Tod und Leid, wirft Fragen nach den Ursprüngen solch unterschiedlicher emotionaler Wahrnehmung auf. Wir sehen einen ähnlichen Unterschied in den Reaktionen auf Flüchtlinge – gegen die auf der Flucht vor Hunger und Tod aus Ländern, die von westlichen Invasionen verwüstet wurden, greifen Streitkräfte ein, es werden Zäune gebaut, Diktatoren bestochen, sie werden im Meer ertrinken, in Stacheldrahtlagern festgehalten. Flüchtlinge aus der Ukraine werden buchstäblich zu Millionen mit offenen Armen empfangen. Zwölf Jahre andauernde antirussische Propaganda kann dies nur teilweise erklären. Der andere Teil ist ein versteckter, tief verwurzelter Rassismus. Sie sehen aus wie wir!. Die Ukraine ist, bei allem Respekt, kein Ort, an dem seit Jahrzehnten Konflikte herrschen wie im Irak oder in Afghanistan - sie ist relativ zivilisiert, relativ europäisch - ich muss diese Worte sorgfältig wählen - eine Stadt, in der man es nicht erwarten und hoffen würde passieren wird, kommentiert der Berichterstatter der amerikanischen CBS News.

Antirussische Hysterie und Begeisterung für einen neuen Krieg erinnern an Europa vor dem Ersten Weltkrieg, Serbien muss sterbien. Ich kann mich nicht erinnern, dass Menschen jemals spontan bereit gewesen wären, in den Kampf zu ziehen - vielleicht nur im August 1968, doch damals war es nicht erlaubt. Heute ist es. Alles, was den Russen – und uns – schaden zufügt, von Sanktionen aller Art, der Unterbrechung von Bankverbindungen und dem Ersatz von billigem Benzin durch teuren russischen Wodka, Tschaikowsky, Eishockey und Katzen, russische Patienten in Krankenhäusern, persönliches Engagement und die Ermordung Putins, wird willkommen geheißen.

Das Sanktionswettrennen ist völlig Irrational. Spätestens seit dem Bombenterror gegen die deutschen Städte im Zweiten Weltkrieg werden die Phantasien von einer unter dem Druck der Armut rebellierenden und das Regime stürzenden Bevölkerung durch alle historischen Erfahrungen widerlegt. Seit 2014 hatte Russland genügend Zeit, sich auf Sanktionen vorzubereiten und diese zu einkalkulieren. Die Wirkung ist kurzlebig, die Wirtschaft passt sich an. Allerdings berücksichtigt der Westen offensichtlich nicht die geopolitischen Verschiebungen der letzten zehn Jahre, zu denen er selbst maßgeblich beigetragen hat, indem er Russland aus Europa verdrängt hat. Gegenstücke der NATO sind heute die Shanghai Cooperation Organization, die Eurasische Wirtschaftsunion sowie die Gruppe BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika). Russland ist in allen dreien fest verankert. In die Isolation wird er definitiv nicht geraten, er wird lediglich mittelfristig seinen wirtschaftlichen Schwerpunkt vom Westen in den Osten verlagern. Bevölkerungsmäßig ist es dagegen der Westen, der sich vom Rest der Welt abschottet.

Die Finanzsanktionen gegen Russland werden sich auf lange Sicht gegen den Westen wenden. Das Einfrieren russischer Vermögenswerte in westlichen Banken, wie zuvor der iranischen, und die Trennung vom SWIFT-Bankensystem sind ein Signal dafür, dass der Dollar eine politische Waffe missbraucht wird. Dies ist jedoch mit dem Status der Weltleitwährung nicht vereinbar und führt zu einem Glaubwürdigkeitsverlust. Seine Ablösung durch den chinesischen Yuan ist bereits auf dem Vormarsch – Saudi-Arabien und China haben bereits Öllieferungen gegen Yuan vereinbart und Indien will nachziehen und neuerlich akzeptiert Russland für Gaslieferungen nur noch Rubel. Der Verlust des weltweiten Reservewährungsmonopols kann für Amerikas hoch verschuldete Wirtschaft fatal sein.

Der Kontrast zwischen der Großmäuligkeit und der Ohnmacht angesichts der Macht, wie auch das Beispiel der sich selbst überlassenen Ukraine, zwingen Staaten, die sich auf den amerikanischen Schutz verlassen, wie Taiwan, Südkorea, Japan, Australien, aber auch Europäer, zu der Ernüchterung wie im Israel: Die USA sind kein zuverlässiger Verbündeter. Die langfristigen Folgen sind unabsehbar, aber die Rolle eines Weltführers hat einen weiteren Schlag erlitten.

Ein Bestandteil einer Kriegspropaganda ist die Abschaffung der Demokratie. Diese beginnt weder mit der russischen Aggression noch mit dem Covid, sondern findet im letzten Jahrzehnt weltweit statt, in den USA ebenso wie in Europa. Die zweijährige Covid-Pandemie markierte einen großen Sprung in Richtung totalitärer Regime, und die aktuelle Kriegshysterie vollendet den Rest. Russland ist keine Ausnahme. Putins neue Doktrin formuliert eine neue russische Politik, die amerikanischer Neocons würdig ist: Konfrontation, Verteidigung, Einschränkung der politischen Freiheiten.

Die Zukunft Europas, für uns alle und für unsere Kinder, sieht nicht gut aus. Mit der Ukraine endet es nicht. Sobald sie eine rote Linie überschritten haben, bereiten sie sich schon auf die nächsten vor in Georgien, Finnland und Schweden.

Tschechisches Original: Předurčená k válce?
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