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Ursprünglicher Text: Evropské hodnoty, November 2017
Übersetzung: Miroslav Brzobohatý

Gemeinschaften und Identitäten bilden sich um gemeinsame Werte. Die Interaktion unter unseren gibt uns ein subjektives Gefühl der Sicherheit, des Vertrauens, des Verständnisses, der Verwandtschaft. Man kann es auch als Transaktionskosten umschreiben – niedrige in vertraulich bekannter unserer Umgebung, hohe bei einer Interaktion mit der fremden Welt.

Wenn man westliche Werte sagt, werden spontan wahrscheinlich Christentum sowie Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit genannt. Dann können wir allerdings weitere Wertetraditionen hinzufügen – antische, jüdische, islamische, feudale, aufklärerische, bürgerliche, koloniale, sozialistische… Eine bessere Spur ist eine negative Bestimmung – was emotional als Werteverletzung wahrgenommen wird, also als fehlerhaft, ungerecht, unakzeptabel, bedrohlich. Bei aller christlichen Tradition, eine Abwesenheit bei der Sonntagsmesse ruft schon lange keine Empörung auf. Die Machtunterdrückung gegen andere Meinungen so weit doch. Die Genderdiskussion weckt bei manchen den leidenschaftlichen Widerstand, bei anderen eine nicht weniger leidenschaftliche Zustimmung, während das unbedeckte weibliche Haar gar keine Reaktion auslöst.

Die Umgrenzung einer Identität bedeutet immer eine Abgrenzung gegenüber jemanden. Die Abgrenzung der europäischen Werte gegenüber der asiatischen, afrikanischen oder islamischen bringt wenig Überraschung mit sich. Wir nehmen die Kulturunterschiede insofern spontan an, dass uns eine Werteübereinstimmung eher überrascht.

Der Begriff Europäische Werte impliziert viel mehr eine Abgrenzung gegenüber den nordamerikanischen bzw. australischen Werten. Zusammen bilden sie das, was man als westliches Wertesystem bezeichnet.

Europäische Länder zusammen mit den USA, Kanada und Australien zeigen eine ganze Reihe Wertübereinstimmungen auf. Ohne Ausnahme sind es pluralistische parlamentarische Demokratien mit Teilung der Macht zwischen Gesetzgebung, Vollzugsgewalt und Justiz. Die gesamte Macht wird durch den Willen gleichberechtigter Bürger, in freien Wahlen bekundet, legitimiert. Alle respektieren nominal die Menschenrechte, die Unverletzlichkeit des Eigentums, das internationales Recht sowie die Autorität der UNO. Alle basieren auf der unternehmerischen Freiheit und dem freiem Markt. In allen ist oder bis vor kurzem war das Christentum die dominante Religion

Gemeinsames Erbe

Die enge Bindung zwischen den europäischen und amerikanischen Werten kommt besonders in der historischen Perspektive empor. Das heutige Amerika entstand aus den europäischen Kolonien des 17. Jahrhunderts durch Besiedlung mit europäischen Immigranten – Puritaner, Nonkonformisten, religiösen Sektierer, Freimaurern, Utopisten, Verfolgten verschiedenster Schattierungen, Abenteurer wie auch Krimineller. Unendliche Flächen boten Raum für Freiheit, Unabhängigkeit und religiöse Toleranz. Die englischen Siedler haben die Tradition der Selbstverwaltung, der Wahlen und des Parlamentarismus mitgebracht, die französischen den revolutionären Geist der Bürgergleichheit. Das schnelle Bevölkerungswachstum ging Hand in Hand mit dem Wachstum der Landwirtschaft, des Handwerks und der Industrie nach den modernsten europäischen Technologien, unbelastet von den europäischen Steuern und den feudalen, ständischen und Zunfteinschränkungen. Am Ende des 18. Jahrhunderts werden die Kolonien mit geschriebenen Verfassungen bereits modernere Demokratien als das Mutterland England. Während des 19. Jahrhunderts werden die USA nicht nur für Europa zum Symbol der Freiheit, verkörpert in der gigantischen Bronze Skulptur, die dem amerikanischen das französische Volk im Jahre 1876 gespendet hat.

Bei der Zählung der Weltkriege wird der der Jahre 1754-1760 vergessen, ursprünglich ein amerikanisch-französischer Krieg, der schnell nach Südamerika, Indien und nach Osten übersprang und durch den Europäischen 1756-1763 begleitet wurde. Im nächsten Unabhängigkeitkrieg stand im Gegenteil Frankreich auf der Seite USA gegen Britannien, doch umgehend mit dem Kriegsende entstand die einzigartige angloamerikanische Beziehung, die mit kurzer Unterbrechung 1812-1814 bis heute fortdauert. In den beiden Weltkriegen haben USA, Kanada sowie Australien auf der Seite Britanniens und Frankreichs gekämpft. Während des kalten Krieges hat sich der Bund auf Deutschland und das ganze Westeuropa erweitert.

Das ist der heutige Westen, der nach dem Zerfall vom Ostblock bis an die russische Grenze expandierte. Bis zum Ende des letzten Jahrhunderts sah er grundsätzlich gleichartig aus, obwohl mit einer Reihe nationaler Unterschiede und Besonderheiten.

Die Frage der Abgrenzung der europäischen Identität in Richtung Osten und Südosten tauchte im Zusammenhang mit der Verbreitung der EU auf. Der Meilenstein der Beziehung zwischen USA und Europa war zweifellos die Bombardierung von Jugoslawien im Jahr 1999, die trotz der verlegenen Zustimmung der europäischen Staaten allgemein als inakzeptable empfunden wurde. Nach der spektakulären Demonstration der Gegenseitigkeit nach dem 11. September 2001 kam es zur weiteren Entfremdung in Folge der afghanischen und irakischen Aggressionen. Die östliche NATO Expansion, die Anstiftung der Farbrevolutionen und des ukrainischen Putsches mit dem folgenden Bürgerkrieg, die Spannungseskalation mit Russland, Iran, Nord Korea, im Nah- und Fernost – offen auf einen großen Konflikt mit unansehbaren Folgen ausgerichtet – geben der Frage der europäischen Identität heute eine verhängnisvolle Bedeutung. Die Flüchtlingskrise als Folge der US Nahostaggressionen, die Spionagetätigkeit der amerikanischen Geheimdienste gegen die europäischen Politikern, Ländern, Firmen und Bürger sowie die Intrigen gegen die europäische Einheit unterstreichen die Frage der Identität.

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit

Staaten werden von jenen Kräften unterhalten, durch welche sie entstanden sind, schreibt Tomáš Garrigue Masaryk in seiner Weltrevolution. Im Falle der USA waren es allerdings rein europäische Kräfte, vom imperialen Britannien über christliche Kirchen und Sekten bis – oder besonders – das Frankreich der Aufklärung. Der Autor der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten und Botschafter in Frankreich Thomas Jefferson hatte ebenfalls einen entscheidenden Einfluss auf den Wortlaut der Erklärung der Menschenrechte der französischen Revolution. Die beiden werden vom selben Bürgergeist getragen.

Doch trotz aller Affinität sind die Unterschiede nicht zu übersehen. Die Ideale der französischen Revolution haben zu einer langfristigen Verschiebung von der feudalen Identität zur einer bürgerlichen geführt, doch keineswegs geradlinig. Sie mussten sich zuerst gegen andere traditionelle Identitäten wie die dynastischen, regionalen, religiösen, nationalen und sozialen durchsetzen. Erst in der gegenseitigen Konfrontation interagieren sie – bis heute – miteinander, ergänzen sich, vermischen und koexistieren. Auf der anderen Seite des Atlantiks fiel der Samen auf den ungepflügten Boden. Die neue Identität der Bürger von USA musste sich mit keinerlei Konkurrenz auseinandersetzen.

Die Bedeutungen der einzelnen Komponenten waren ebenfalls unterschiedlich. Fraternité, Brüderlichkeit, reflektiert in der Parole der Französischen Revolution die Existenz eines vielfältigen Netzwerks kultureller Traditionen, Bindungen und Identitäten. Sie normiert ihre Beziehungen als kooperativ, sich gegenseitig respektvoll und komplementär ergänzend, als kollektiv, verantwortlich und brüderlich, also nicht konkurrierend. In der Gemeinschaft der Neuen Welt fehlte ein vergleichbares traditionelles Netzwerk. Ohne diesen bedeutet jedoch das Postulat der Brüderlichkeit nichts mehr als liebe deinen nächsten, ein abstrakter, ansprechender moralischer Appell, der aber in der auf Individualismus und Wettbewerb basierenden Gesellschaft nicht nur inhaltslos, sondern gar subversive ist. Kollektive Werte sind das Gegenteil zu individuellen Werten. Jede Form von Kollektivismus ist ein Gespenst, Verkörperung des metaphysischen Bösen. Das Prinzip der Brüderlichkeit finden wir weder in der Unabhängigkeitserklärung noch in den späteren Texten. Die unterschiedliche Auffassung der allgemeinen Krankenversicherung in den Vereinigten Staaten und in Europa veranschaulicht die scheinbar abstrakte Nuance in der Praxis.

Auch mit der Egalité gab es Probleme. Alle Menschen sind gleich geschaffen, schreibt Jefferson in der Unabhängigkeitserklärung. Doch gleich der nächste Absatz musste ausgelassen werden. Die blühende Wirtschaft und der koloniale Lebensstil der Gründerväter, Jefferson einschließlich, wären ohne Sklaven nicht möglich. Das Schisma beginnt bereits im Jahr 1619, als das erste Parlament konstituiert und die ersten Sklaven verkauft wurden. In den Kolonien der europäischen katholischen Staaten sind die Sklaven Christen mit Seele, Recht und Vermögen. In den USA haben sie den Status vom Privateigentum, vergleichbar mit dem Vieh, und die Eigentümer weigern sich sogar sie taufen zu lassen.

Nach dem ersten Weltkrieg trug das Modell des amerikanischen Egalitarismus zweifellos zum Abbau der europäischen Feudalhierarchien bei. Doch das Dilemma von Gleichheit und Rassismus, Moral und Opportunismus, erklärten Idealen und Realität, die sich trotz den Krieg des Nordens gegen den Süden, trotz Martin Luther King, Antidiskriminierungsgesetze und politische Korrektheit sich durch die amerikanische Geschichte bis heute zieht. In der Praxis bedeutet Egalité die Gleichheit unter Gleichen. Zu diesen gehören die Schwarzen, Indianer, Asiaten, Kommunisten, Muslime oder Russland und China wohl nicht. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts lieferte die US Rassengesetzgebung Inspiration, Vorbild und Präzedenzfall für die Nürnberger Gesetze.

Das einzige Postulat der Französischen Revolution, mit dem sich die USA enthusiastisch und voll identifiziert haben, ist also Liberté, die Freiheit. Seit mehr als 200 Jahren präsentierten sie sich als ihr Vorbild, Symbol und Schild – die Freiheitsstatue als der Leuchtturm der freien Welt, USA als Erdbeerplantage der Freiheit verglichen mit der Waldlichtung Europa. Erst der Krieg gegen den Terror, die nationale Sicherheit und das allgemeine Bespitzeln haben die Freiheit in die Obsoleszenz abgestellt.

Die Triade der Französischen Revolution ist jedoch weder beliebig noch teilbar. Die Brüderlichkeit ohne die Gleichheit neigt zum faschistischen Totalitarismus. Die Gleichheit ohne die Brüderlichkeit neigt zum kommunistischen Totalitarismus. Auch der Begriff Freiheit hat eine ambivalente Bedeutung – als Freiheit von der Unterdrückung oder als Freiheit von der Verantwortung. Wie kommt es, dass wir den lautesten Schrei nach Freiheit von den Sklavenantreibern hören? fragte im Jahre 1775 Dr. Samuel Johnson.

Die Unabhängigkeitserklärung der USA bedeutet allerdings eine Befreiung von fremder Herrschaft, von der Ausbeutung, Regulierungen, Zankerei und Besteuerung der britischen Kolonialverwaltung. Von den britischen Gesetzen, die Gleichheit der Rassen postulieren, die Indianer gegen Kolonisten schützen, die Besetzung ihres Territoriums verbieten und freundliche Beziehungen mit ihnen verlangen. Mit der Unabhängigkeit fängt erst die freie Expansion nach Westen an, der Völkermord an den Indianern durch physische Liquidation und Krankheiten, oft absichtlich als biologische Waffe eingesetzt. Der umfangreichste Genozid der Menschheitsgeschichte gemessen durch das besetzte Gebiet und wahrscheinlich auch durch die Anzahl der Opfer. Die Schätzungen der präkolumbianischen Besiedlung der heutigen USA reichten von 2 bis zu 18 Millionen Indianern. 1900 waren es noch 250 000. Einhundert Jahre später werden sich die USA bei ihnen für die ethnischen Säuberungen entschuldigen.

Ein einmal etabliertes Muster der Zivilbevölkerung als Ziel der Kriegsoperationen wurde 1864 in der Atlantikkampagne General William T. Shermans, einem totalen Krieg achtzig Jahre vor dem Dritten Reich, wiederholt. Die Unionisten-Armee wandte in großem Stil die Taktik eines verbrannten Landes an und zerstörte die zivile Infrastruktur und die Lebensgrundlagen der Bevölkerung von Georgia und Carolina mit dem erklärten Ziel, das Rückgrat der Rebellion zu brechen. Angriffe auf zivile Ziele wurden zur Standardstrategie der US-Armee in Deutschland, Japan, Korea, Vietnam, Kambodscha, Laos, Jugoslawien, Afghanistan, Syrien und Jemen. Im neuen Jahrhundert wurden sie durch gezielte Tötungen von Menschen und Gruppen durch Drohnen und Spezialeinheiten überall auf der Welt ausgeweitet.

Natürlich kann man argumentieren, dass mit dem Sklavenhandel in den USA die europäischen Länder angefangen haben, dass die theoretischen Grundlagen des Rassismus vom Franzosen Arthur de Gobineau und dem Engländer Houston Stewart Chamberlain gelegt wurden, und dass trotz der Entwicklung des humanistischen Denkens der nazistische industrielle Genozid an Juden und Zigeunern im 20. Jahrhundert dem amerikanischen Genozid der Indianer hundert Jahre früher im nichts nachsteht.

Lasst uns doch zwischen Rassentheorien und Sklavereipraxis zu unterscheiden. Seit dem Mittelalter gab es in Europa keine Sklaverei mehr und allgemein wurde sie als inakzeptabel betrachtet. In den europäischen Kolonien wurde sie zwar geduldet, doch waren die Sklaven immer noch Menschen und nicht das seelenlose Eigentum wie in dem Land, das die Gleichheit der Menschen für selbstverständlich hält.

Natürlich haben auch europäische Staaten um Territorium und Herrschaft gekämpft. Der Krieg war ein integraler Bestandteil der europäischen Politik. Dieser hatte jedoch seine Regeln. Er begann mit einer Kriegserklärung und fand in den Kämpfen der bewaffneten Armeen im Raum außerhalb der Stadt und des Dorfes statt. Die Zahl der zivilen Opfer war minimal, besonders im späteren Vergleich. Das Ziel war weder die Bevölkerung zu eliminieren noch sich sein Land und seinen Boden einzueignen, sondern es unter eigene Herrschaft zu unterwerfen, zu integrieren, zu assimilieren. Eine Ausweitung des Lebensraums durch Massaker der Bevölkerung einschließlich der Alten, Frauen und Kinder, dazu nur aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ist in der langen blutigen europäischen Geschichte bis zu dem nazistischen Drang nach Osten nie angetreten. Die ersten Angriffe auf zivile Ziele waren die deutschen Bombenangriffe auf Antwerpen und London durch Luftschiffe im Ersten Weltkrieg – doch eher als Folge des Unvermögens, militärische Ziele präzise zu treffen. Erst im Zweiten Weltkrieg wurde die Bombardierung der polnischen und britischen Städte durch die Nazis sowie die darauf folgende angloamerikanische Antwort als Terror gegen die Zivilbevölkerung absichtlich vorgenommen.

Die Nachkriegszeit

Nach dem 2. Weltkrieg wurde der bisherige Feind Deutschland als Verbündeter in den Block gegen den bisherigen Verbündeten UdSSR aufgenommen. Die Vereinigten Staaten haben einen heiligen nationalen und internationalen Kampf gegen den Erzfeind, den Kollektivismus, verkörpert durch den kommunistischen Block, entflammt. Dieser antwortete mit einem ebenfalls rücksichtslosen Kampf gegen den Individualismus, verkörpert durch den amerikanischen Imperialismus. Die McCarthy-Hysterie sowie die politischen Prozesse der 1950er Jahre lassen wenig Raum für das Vertrauen auf das rationale Denken beider Parteien. Während des Kalten Krieges gab es zwischen den USA und dem Ostblock zwei Stellvertreterkriege und mehrere Situationen am Rande eines globalen Atomkonflikts. Bemerken wir dabei, dass es in allen Fällen die sowjetische Seite war, niemals die USA, die seinen Ausbruch vorgebeugt hat.

In Westeuropa beginnt zur gleichen Zeit ein langer Reflexionsprozess der zwei Weltkriege. Die Erfahrungen der Front, der Bombardierungen, der brennenden Städte, der endlosen Kolonnen von Soldaten, Verwundeten und Gefangenen, Konzentrationslagern, Hinrichtungen und Massengräbern, Armut, Hunger, Kälte und menschliche Verzweiflung –Erfahrungen, die die USA bisher noch vermissen – erfordern eine grundlegende Rekonstruktion des europäischen Wertesystems.

Wer die Produktion von Kohle und Stahl nicht kontrolliert, ist nicht in der Lage, Krieg zu führen, wurde 1950 vom französischen Außenminister Robert Schuman abgeleitet und er schlug die Unterstellung dieser einer gemeinsamen supranationalen Körperschaft vor. Im folgenden Jahr gründeten Belgien, Frankreich, die Niederlande, Italien, Luxemburg und Deutschland die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die Montanunion. Die Radikalität des Schrittes wird hervorstechen wenn wir uns erinnern, dass die jahrhundertealte Quelle der Spannungen und Kriegen in Europa die Rivalität zwischen Frankreich und Deutschland gewesen ist und dass Großbritannien immer Frankreichs wichtigster Verbündeter gegen Deutschland war.

Die Union hat nicht nur die brisante Frage des Ruhrgebiets gelöst, sondern wurde zum Motor der wirtschaftlichen Entwicklung der Nachkriegszeit und zur Grundlage des europäischen Einigungsprojekts. 1957 wurden die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft – EWG – und die Europäische Gemeinschaft für Atomenergie – EURATOM – gegründet. Im Jahr 1963 unterzeichneten Konrad Adenauer und Charles de Gaulle den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag, den letzten Punkt nach Jahrhunderten der Feindseligkeit. Gegen Ende des Jahrhunderts betrachten sich bereits die Franzosen und die Deutsche gegenseitig als die engsten Freunde. Der Integrationsprozess wird 1967 mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft und der Zollunion von 1968 fortgesetzt. 1979 wurde die Europäische Währungsunion mit der Umrechnungswährung ECU, 1999 mit der Rechnungswährung und 2002 mit der Bargeldwährung Euro geschaffen.

1973 traten Britannien, Irland und Dänemark bei, nach dem Zusammenbruch der diktatorischen Regime auch Griechenland, Spanien und Portugal und nach dem Zusammenbruch des Ostblocks auch die ehemalige DDR zu der EG. Im Jahr 1992 unterzeichneten die Außenminister der Mitgliedstaaten in Maastricht den Vertrag über die Europäische Union. 1995 traten neutrale Staaten Finnland, Österreich und Schweden bei. Das Schengen Abkommen über die uneingeschränkte Bewegung von Personen, Waren und Dienstleistungen, tritt noch im selben Jahr in Kraft.

Das europäische Verständnis von Menschenrechten und dem menschlichen Leben folgt die Philosophie von Immanuel Kant, der den Menschen als Selbstzweck deklarieret und dessen Gebrauch als Mittel ausschließt. Die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantiert ein bedingungsloses Recht auf Leben und Würde und verbietet die Todesstrafe. Spätestens bis Ende der 1970er Jahre haben alle EG-Staaten die Todesstrafe abgeschafft, die übrigen europäischen Staaten außer Russland und Belarus bis zum Ende des Jahrtausends, die Türkei im Jahr 2002.

In den Vereinigten Staaten hingegen ist das Töten von Menschen eine traditionelle Art der Problemlösung. Zusammen mit China, dem Iran, dem Irak, Saudi-Arabien und dem Jemen gehört das Land zu jenen mit der höchsten Hinrichtungsanzahl und wenn wir die Tötungen durch Drohnen einrechnen, rivalisiert es mit China um die Weltführung. Die Anzahl der Morde und insbesondere die Zahl der Häftlinge sind nicht nur mit den europäischen Ländern, sondern mit Ausnahme der Seychellen mit der ganzen Welt unvergleichbar. Wenn wir Folter, Verschleppungen und willkürliche Inhaftierungen in den Einrichtungen wie Abu Ghraib und Guatanamo hinzufügen, können wir im Bezug auf den Wert des menschlichen Lebens die USA und Europa als zwei Gegenpole bezeichnen.

1883 führte der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck die allgemeine Krankenversicherung ein, ein Jahr später die Unfallversicherung und im Jahr 1889 die Invaliditäts- und Rentenversicherung. Somit legte er den Grundstein für das sogenannte europäische Sozialmodell, was Helmut Schmidt als den größten kulturellen Beitrag der Europäer im 20. Jahrhundert bezeichnete. Dieses basiert auf einem relativ hohen Maß an Gleichheit, einer allgemeinen Risikoversicherung und an der Prävention von Armut sowie der Gefahr in Armut zu geraten. Neben dem Wert des menschlichen Lebens und der Menschenwürde ist es wahrscheinlich der offensichtlichste Unterschied zwischen den beiden Wertesystemen. Im Vergleich geben die USA um die Hälfte höheren Anteil des BIP für die Gesundheitsversorgung aus und doppelt so viel pro Person wie der OSZE-Durchschnitt. Gleichzeitig haben 15% der Bevölkerung überhaupt keine Krankenversicherung, die durchschnittliche Lebenserwartung ist kürzer als in der EU und eine Krankheit führt oft zur totalen Verarmung. Die Weltgesundheitsorganisation klassifiziert die Leistungen des US-amerikanischen Gesundheitssystems auf Platz 35 aus 176 Ländern – hinter allen EU-Ländern mit Ausnahme der postkommunistischen.

Doch der europäische Friedensprozess war keineswegs geradlinig oder nur friedlich. Insbesondere Frankreich war nach dem Krieg entschlossen, seine Kolonien um jeden Preis zu behalten. Noch im September 1945 wird die Unabhängigkeit von Vietnam ausgerufen und der darauf folgende neunjährige Krieg endet mit einer verheerenden Niederlage Frankreichs. Seit 1954 folgt ein extrem brutaler achtjähriger Krieg in Algerien. Ende der 1970er Jahre hatten jedoch alle europäischen Kolonien ihre Unabhängigkeit erlangt oder erkämpft. Nach der Verstaatlichung des Suez-Kanals im Jahr 1956 haben Großbritannien, Frankreich und Israel Ägypten angegriffen. Diesmal haben die Vereinigten Staaten zusammen mit der UdSSR und den Vereinten Nationen den Rückzug der einmarschierten Armeen erzwungen.

Gegen Ende des Jahrtausends ist die EU ein erfolgreiches Friedensprojekt und der Zusammenbruch des Ostblocks seine Bestätigung. Demokratie, strikte Einhaltung der Menschenrechte, internes und internationales Recht, die Achtung der UN-Autorität, freiwillige Übergabe eines Teils der Hoheitsgewalt an die supranationalen Behörden, Kooperation statt Konkurrenz, Konfliktlösung durch Verhandlungen ohne Gewaltanwendung, Zurückhaltung und Verzicht auf hegemoniale Aspirationen, Sicherung der Grenzen durch die Bedingung beidseitiger Zustimmung zur ihrer Änderung, erfolgreiche soziale Marktwirtschaft einschließlich der Allgemeinbildung, sozialer Sicherheit und sozialen Standards, die wirtschaftliche Bedeutung des größten Marktes der Welt, trotz feindliche Blöcke ein einzigartiges halbes Jahrhundert ohne einen einzigen Kriegsschuss. Das alles gibt den europäischen Bürgern langfristig das Gefühl der Sicherheit, der Gerechtigkeit, des Vertrauens und des erfolgversprechenden Ausblicks. Das Kriegsspielzeug verschwand aus den Läden. Die europäische Identität bietet eine attraktive Alternative zu einigen oft verunglimpften nationalen Identitäten.

Dies ist das Europa der 1990er Jahre, für das die Bürger in den Referenden gestimmt haben. Ein Projekt, das in der ganzen Welt mit Interesse, Sympathie und Hoffnung verfolgt wurde.

Doch es ist nicht problemlos, parallel wächst der Euroskeptizismus. Die Rasanz der Integration gibt Anlass zur Sorge über die Entstehung eines supranationalen Staates, der die Souveränität einzelner Nationalstaaten unterdrückt. Weitreichende Entscheidungen werden ohne Beteiligung und Einfluss der europäischen Bürger getroffen. Es gibt weder das europäische Volk noch die europäischen Medien. Die Europäische Kommission entscheidet zum Vorteil der nationalen und internationalen Lobbyisten ohne parlamentarische Kontrolle. Die Komplexität und Verflechtung einer Reihe von Verträgen ist völlig intransparent und in einigen Ländern werden manche durch Referenden abgelehnt.

Erwähnen wir noch einen Aspekt. Während der gesamten Periode des Kalten Krieges haben die westeuropäischen Länder gerne die Angelegenheiten der internationalen Politik, des Nachrichtendienstes und der Verteidigung den USA überlassen. Im Jahr 1949 gründeten zehn von ihnen zusammen mit den USA und Kanada die Verteidigungsallianz NATO und verpflichteten sich, internationale Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln beizulegen und im Falle eines Angriffs in Europa oder Nordamerika sich gegenseitig zu unterstützen. Drei Jahre später traten der Allianz Griechenland und die Türkei bei, 1955 Bundesrepublik Deutschland und 1982 Spanien. Von Anfang an dominieren die USA durch die Anzahl der Streitkräfte, Kommandostrukturen und Haushaltsbeiträge wie auch durch die ideologische Ausrichtung gegen den Kommunismus.

Ende der Blöcke

Die Helsinki-Konferenz über die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa von 1973 bis 1975 sowie die deutsche Ostpolitik haben wesentlich zur Beseitigung der Spannungen in Europa beigetragen. In den achtziger Jahren führte Michail Gorbatschow in der UdSSR die Perestroika und freundschaftliche Beziehungen mit dem Westen ein. Der unerwartete Zusammenbruch des Ostblocks 1989 und der UdSSR im Jahr 1991 wurde vor allem durch den Verlust des Feindes verursacht. Der Westen galt in den Augen der sowjetischen Führer nicht mehr als eine existenzielle Bedrohung, sondern als ein glaubwürdiger Partner, der uns hilft, wirtschaftliche Rückständigkeit und wachsende Unzufriedenheit zu überwinden. Das Ende des Kalten Krieges ist unser gemeinsamer Sieg, meinte Gorbatschow. Die maltesische Konferenz im Dezember 1989 sollte zum Beginn einer neuen Ära der sowjetisch-amerikanischen Beziehungen werden und unter dem Versprechen der Nicht-Erweiterung von NATO auf das Gebiet der ehemaligen DDR stimmte die UdSSR sogar der Vereinigung Deutschlands zu.

Der größte Fehler, den Russland gemacht hat, war, dass es euch geglaubt hat, bewertete diese Periode Wladimir Putin im Jahr 2017. In den konservativen Kreisen der USA wird der Zusammenbruch des Ostblocks anders interpretiert – als Sieg im Kalten Krieg, in dem die USA die UdSSR totgerüstet haben. Warum sie nicht Kuba und Nordkorea totgerüstet haben, bzw. wer den Präsidenten Antonín Novotný totgerüstet hat, sind in der siegreichen Euphorie keine erlaubten Fragen. Die Auflösung des größten Rivalen eröffnet im Osten einen breiteren Horizont als der im Westen vor zwei Jahrhunderten.

Obwohl der Warschauer Pakt und der KGB aufgelöst wurden, erleben ihre Pendants NATO und die CIA eine neue Blütezeit. Langjährige Kenntnisse osteuropäischer Staaten, enge Kontakte zu Andersdenkenden, Etablierung von einer Reihe neuer Führer, Nimbus demokratischer Autorität und die Verfügbarkeit der Unterlagen der kommunistischer Polizei ermöglichen es, die Fäden aus dem Hintergrund zu ziehen. Die Staaten, die gerade aus dem zusammenbrechenden Sowjetblock ohne Einwände entlassen wurden, haben plötzlich Furcht von seinem Expansionismus und suchen nach einer Aufnahme in die NATO. Die ersten drei werden auf dem Washington-Gipfel im April 1999 aufgenommen, auf dem gleichzeitig die ursprüngliche Verteidigungsallianz in eine Angriffsallianz umgewandelt wird. Gleich im Juni folgt ihr historisch erster Militäreinsatz – gegen dem engen russischen Verbündeten Jugoslawien. Bis heute hat sich die NATO in die meisten osteuropäischen Länder bis die drei an Russland unmittelbar angrenzende baltische Staaten ausgedehnt. Die EU hat sich nach dem Zusammenbruch des Ostblocks auf ihre inneren Angelegenheiten konzentriert. Die europäische Außenpolitik wurde – wenn man überhaupt über eine solche sprechen kann – auf den Schutz vor Zuwanderung aus Entwicklungsländern, insbesondere aus Afrika, reduziert. Eine europäische Festung entsteht, hohe Mauern sollen die Reichen drinnen vor den Armen draußen schützen.

Statt der Solidarität und der Verantwortung für die ehemaligen Kolonien stärkt der Geldfluss von den Armen zu den Reichen. Afrika ist ein lukrativer Markt für subventionierte landwirtschaftliche Überproduktion Europas, lokale Diktatoren sind eine wirksame Verteidigung gegen die Flüchtlingsströme, bewaffnete Banden ein zuverlässiger Geschäftspartner bei der Versorgung von Edelmetallen und Mineralien. Wenn 1960 das Verhältnis von Pro-Kopf-BIP zwischen den reichsten und ärmsten Ländern 33:1 betrug, ist es vierzig Jahre später bereits 134:1. Doch es ist nicht nur die Wirtschaft. Der ruandischer Völkermord an einer Million Tutsi im Jahr 1994 fand ungestört vor der Augen der Öffentlichkeit und der UN-Mission statt, um nur ein Beispiel der Situation auf dem afrikanischen Kontinent zu erinnern. Inzwischen übernimmt die Verantwortung für die Konsolidierung Afrikas von Europa schrittweise China.

Das neue amerikanische Jahrhundert

Im Laufe der 80 Jahren findet in den USA eine stille Revolution statt. Revolutionäre sind die unzufriedenen Schichten der Reichsten. Revolutionäre Ideologie ist der neoliberale Kapitalismus, Parole der freie Markt, Ziel der freie Geldfluss von den Armen zu den Reichen und persönlicher Profit – so groß wie nur möglich. Die Ideologie kann paraphrasiert werden als Je mehr ihr euch berauben lässt, desto besser wird ihr gedeihen, denn der Reichtum der Diebe wird zu euch nach unten tröpfeln. Der Kampf wurde in den Büros von Abgeordneten und Senatoren unter der Führung von Think Tanks durch Truppen gut bewaffneter Lobbyisten entschieden. Allmählich wurden alle Beschränkungen, die den Geldfluss bremsten, beseitigt. Die Entwicklung der USA zeigt einen ähnlichen Trend wie die internationale. Im Verlauf des Wirtschaftswachstums 1979-2007 sind die Einkommen von 1% Prozent der reichsten auf mehr als das Doppelte gestiegen, während das Einkommen im mittleren und unteren Schichten stagnierte oder sank. Im Jahr 1970 betrug das Gehaltsverhältnis eines Managers zum niedrigsten Angestelltengehalt 40:1, im Jahre 2007 ist es bereits 400:1. Im Jahr 2016 besitzen acht reichste Männer das gleiche Vermögen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung zusammen. Und der Trend geht weiter.

Die Geldbesessenheit ist nur eine Form der Machtbesessenheit. Das neokonservative Bildungs-Think-tank Projekt für das neue amerikanische Jahrhundert veröffentlichte 1997 das Manifest, an dem es seit dem Zusammenbruch des Ostblocks arbeitete: das neue Jahrhundert unter der US-amerikanischen Führerschaft zu formieren, da es sowohl für die Vereinigten Staaten von Amerika als auch für die ganze Welt gut ist. Eine solche Führerschaft erfordert militärische Stärke, die durch Umbau der amerikanischen Verteidigung erreicht werden soll. Der Auftrag eines Regimewechsels im Irak wird jedoch durch Unwilligkeit und das Vietnam-Trauma erschwert. Wie das Manifest feststellt, es fehlt noch ein katalytisches, katastrophales Ereignis – wie ein neues Pearl Harbor.

Zehn von den 25 Programmunterzeichner-Neocons bekommen im Jänner 2001 eine entscheidende Position in der neuen Administration von George W. Bush, darunter Dick Cheney, Donald Rumsfeld, Paul Wolfowitz, Richard Perle, und gleich am 11. September tritt das vermisste katalytische Ereignis ein. Der offiziellen Verschwörungstheorie nach wurden von der al-Qaida Terrorgruppe, die von der CIA im Afghanistan zum Kampf gegen die UdSSR gebildet wurde, durch zwei entführten Flugzeuge drei New Yorker Wolkenkratzer zerstört, ein weiteres Flugzeug griff das Pentagon an und ein viertes zielte auf das Weiße Haus.

Nach dem katalytischen Ereignis schien die neue Administration in ihrem unipolaren Allmachtrausch jegliche Urteilskraft und Hemmungen zu verlieren. Unter dem Banner des Patriotismus und des Krieges gegen den Terror wurden die bürgerlichen Freiheiten drastisch eingeschränkt und Polizei, Militär und Geheimdienste mit beispiellosen Machtbefugnissen ausgestattet. Nach dem Anschlag beschuldigte die Administration sofort den al-Qaida Führer Bin Laden und verlangte von der afghanischen Regierung seine sofortige Auslieferung. Auf das Ansuchen nach Beweisen antwortete sie zusammen mit Großbritannien am 7. Oktober mit dem militärischen Überfall.

Das war allerdings nur der Anfang. Die Pläne der Neocons waren Überfälle auf sieben Länder in den nächsten fünf Jahren: Irak, Syrien, Libanon, Libyen, Somalia und schließlich Iran. Zu Beginn des Vorhabens steht ein Plan, der 1982 von Oded Yinon im Hebräischen Kivunim-Magazin unter dem Titel Eine Strategie für Israel in den 80er Jahren veröffentlicht wurde und das eine Zersplitterung aller potenziellen Rivalen von Israel in kleinere Stammesgebiete vorsieht. 1996 folgte der Clean-Break Plan, der von Richard Perle geführten American Study Group on Israeli Strategy erstellt wurde. Ein modifizierter gemeinsamer Aktionsplan unter dem Namen New Middle East wurde im Juni 2006 von US-Außenministerin Condoleezza Rice in Tel Aviv vorgestellt.

Mit der Rechtfertigung eines lang geplanten Irak Angriffs hat sich die neue Regierung wenig Mühe gegeben. Saddam Hussein, der von der CIA 1963 installiert wurde, wurde lügenhaft der Unterstützung der al-Qaida und des internationalen Terrorismus, der Beteiligung an den Anschlägen vom 11. September und der Produktion und des Besitzes von Massenvernichtungswaffen beschuldigt. Trotz einer Demonstration von 15 Millionen Menschen in 800 Städten der Welt, nach dem Guinness-Buch der Rekorde der größten Demonstration der Menschheitsgeschichte, trotz des Widerstands von Frankreich, Deutschland, Russland sowie dem Papst, haben USA zusammen mit Großbritannien, Australien und Polen im März 2003 Irak überfallen. Die Behauptung, dass sie nach einem schnellen Sieg keinen Plan hatten wie es im Irak weitergehen soll, ist eine populäre, doch nicht ganz plausible These. Die für die Kontrolle des Territoriums unzureichende Anzahl der Einsatzkräfte, die Zerstörung aller administrativen, militärischen und polizeilichen Strukturen, die Stiftung des Hasses zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden, die Unterstützung der kurdischen Autonomie, der Einstieg der von bis zu diesem Zeitpunkt in Irak abwesenden al-Qaida sowie die Entstehung des islamischen Staates in Abu Ghraib sind wohl durch die Absicht erklärbar, Irak zu zerbröckeln. Im resultierenden Chaos entstehen neue Chancen.

Über die Werte der Demokratie, der Menschenrechte, des Völkerrechts und des menschlichen Lebens in einem Land, das sich als ihre ultimative Schutzmacht präsentiert, gab es bereits im letzten Jahrhundert Bedenken. Der Sturz demokratisch gewählter Regierungen und die Einführung diktatorischer Regime im Iran 1953, Guatemala 1954, Kongo 1960, Südvietnam 1963, Brasilien 1964, Chile 1973 sind das Gegenteil einer Demokratieverbreitung. Die Angriffe auf zivile Ziele, Bombenangriffe auf Städte, Einsatz verbotener Kampfmittel sind Kriegsverbrechen. Die Verletzung der territorialen Integrität, der politischen Unabhängigkeit und der Souveränität von Staaten durch militärische Gewalt sind Verbrechen gegen dem Frieden. 1986 verurteilte dafür der Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen USA zu Reparationen an Nicaragua, diese haben jedoch die Zahlung abgelehnt. Im Gegensatz zu den EU-Mitgliedstaaten haben sie den Vertrag über den Internationalen Strafgerichtshof nicht ratifiziert und eine Reihe bilateraler Abkommen geschlossen, die eine Auslieferung amerikanischer Kriegsverbrecher verhindern. Im Jahr 2002 verabschiedeten sie ein Gesetz, durch das der US-Präsident ermächtigt wurde, US Bürger, die dem Internationalen Gerichtshof ausgeliefert würden, militärisch zu befreien.

Nach dem 11. September lassen sich jedoch in der Außenpolitik der USA überhaupt keine Werte oder Prinzipien mehr erkennen. Lediglich Interessen. Eine Reihe von unterschiedlichen, oft widersprüchlichen Interessen. Der Banken und der Finanzwelt. Der Erdölindustrie. Der Rüstungsindustrie. Der Armee. Der Geheimdienste. Der Apparate politischer Parteien. Der Israelischen Lobby. Der Weltführung. Elimination potenzieller Rivalen. Schutz der US Währung als Weltreservewährung. Mehr Geld, mehr Macht, mehr Kontrolle zu Hause und auf der ganzen Welt. Lediglich die Bürger haben keine Lobby. Die letzten beiden Präsidenten versprachen ihnen, sich von den Kriegsabenteuern zurückzuziehen. Es reichten wenige Wochen im Amt um herauszufinden, wer hier das Sagen hat. Das Deep state. Ein Begriff, der ursprünglich für verborgene, im Schatten herrschende und sich der demokratischen Kontrolle entziehende Strukturen eingeführt wurde, wie in der Türkei oder Russland, hat sich zur Beschreibung der zeitgenössischen amerikanischen Realität etabliert. Am häufigsten wird es mit dem Finanzkapital, den Neocons oder der israelischen Lobby identifiziert, was bei dem Anteil der jüdischen Bankmanager bzw. der Unterzeichner des Projekts für das neue amerikanische Jahrhundert mehr oder weniger auf das Gleiche zielt. Es gibt sogar Interpretationen der bedingungslosen US-Unterstützung für Israel, der finanziellen Abgaben, die die USA ohne erkennbaren Grund jedes Jahr dem Israel leisten, bis zu dem Verbot des BDS in 21 Staaten – eines Boykots Israels nach dem Vorbild des Boykots des Apartheidregime in Südafrika, dass die USA de facto eine israelische Kolonie sind.

Wie im jedem Klischee stoßen verlockenden Vereinfachungen auf eine Reihe widersprüchlicher Fakten. Vor allem werden Judentum, Zionismus und Israel vermischt. Eine psychopathische Besessenheit durch Macht und Geld ist jedoch keinesfalls spezifisch jüdisch. In den Verwaltungen großer Banken und Konzerne, unter den Neokonservativen sowie in jeder anderen ähnlichen Gruppierung gibt es genug solchen Personen ohne jüdische Herkunft. Die europäische Geschichte bietet eine Fülle von Beispielen. Und umgekehrt, jüdischer Herkunft sind in den beiden Ländern viele der radikalsten Gegner Israels und der amerikanischen Pro-Israel Politik. Und schließlich hat die uneingeschränkte Sympathie der USA für Israel ihren Ursprung weder in der amerikanischen jüdischen Gemeinde noch in der israelischen Lobby. Sie war schon lange im 19. Jahrhundert da, besonders in den christlichen fundamentalistischen Kreisen. Und dort ist sie heute noch stärker als in der jüdischen Gemeinschaft selbst, die dem Israel gegenüber oft offen kritisch steht.

Eine nicht besonders plausible Interpretation dieses Phänomens beruft sich auf die gemeinsamen amerikanisch-israelischen Werte, insbesondere auf die Bibel und die demokratische Überzeugung. Bedenken wir jedoch, dass – wie Benjamin Netanjahu sagt – Israel in Europa keinen besseren Freund als die Tschechische Republik hat, können wir die Bibel als ein Bindungsglied zu dem am atheistischsten europäischen Land gleich ausschließen. Und angesichts der entscheidenden Unterstützung Israels durch das tschechoslowakische kommunistische Regime im Jahr 1948 können wir ebenfalls eine demokratische Überzeugung ausschließen. Was verbindet also die drei so ungleichen Länder? Eines haben sie doch gemeinsam: die Ausweitung des Lebensraumes durch Völkermord. Die Amerikaner identifizierten sich bei der Ausrottung der Indianer unter dem Bezug aufs Alte Testament als Israel der heutigen Zeit. Die Vertreibung der Sudetendeutschen aus der Tschechoslowakei erfolgte parallel sowie im gegenseitigen Verständnis und Kooperation mit der Vertreibung der Palästinenser aus Israel.

Eher als eine Kolonialmacht wirkt also Israel als ein Symbol, als Code für eine rücksichtslose Ergreifung der Macht, Reichtums und Profits für Auserwählte auf Kosten Anderer, frei von allen ethischen, rechtlichen, konventionellen und emotionalen Hemmungen. Natürlich spricht er bei weitem nicht alle Juden und Israelis an, dafür viele, die weder das Eine noch das Andere sind. So wie die Evangelikalen des 19. Jahrhunderts. Eine Lokalisierung ihrer Netzwerke ist nicht einfach. Sie überschneiden sich nicht mit soziologisch identifizierbaren Kategorien wie Nation, Klasse, Religion, politische Überzeugung, sozialer Status oder Berufsgruppe. Das einzige Bindeglied ist das gegenseitige Verständnis, basierend auf der individuellen Persönlichkeitsstruktur. Es ist nicht durch nationale oder staatliche Grenzen begrenzt. Statistisch höheres Vorkommen solcher Persönlichkeiten in einigen Gruppen begründet noch nicht ihre Identifizierung.

Auch die Mantra der israelischen Interessen wird nicht in erster Linie in Israel formuliert. Sheldon Adelson zum Beispiel, der Kasinobesitzer von Las Vegas, Singapur und anderswo, ladet regelmäßig die US Präsidentschaftskandidaten zu einem Wettbewerb um die Wahlbeiträge vor. Gleichzeitig ist er Herausgeber mehrerer israelischer Tageszeitungen einschließlich der größten Israel Hayom, er hält Benjamin Natanjahu an der Macht und lenkt seine Politik. Die Rolle, die die amerikanische jüdische Lobby dem Israelischen Staat zugewiesen hat, führt auf lange Sicht unausweichlich in eine Katastrophe. Wie die Europäer wohl wissen, eine Machtüberlegenheit ist lediglich ein vorübergehender Zustand und sich nachher für ein unschuldiges Opfer auszugeben wird nicht mehr möglich sein. Für die Lobby ist jedoch Israel eine Trumpfkarte ihres Einflusses in den USA und in der Welt und sie ist fest entschlossen, für ihre israelischen Interessen bis zum letzten Israeli zu kämpfen.

Europa im neuen Jahrhundert

Die meisten EU-Länder einschließlich Frankreich und Deutschland weigerten sich, an der Irak-Kampagne von 2003 teilzunehmen. Doch haben alle acht postkommunistischen Länder teilgenommen, die im folgenden Jahr zu EU-Mitgliedern werden. Donald Rumsfeld begrüßt es als eine Teilung Europas in Alt und Neu. Vier Jahre später erkennen bereits 23 der 28 EU-Länder die Unabhängigkeit von Kosovo an, obwohl es eine flagrante Verletzung des internationalen und europäischen Rechts ist. Nach den weiteren vier Jahren wird die Initiative bei der Bombardierung Libyens und dem Sturz Muammar Kaddafis von den Amerikanern durch zwölf EU-Länder übernommen, angeführt von Frankreich und Großbritannien. Wenn die EU zusammen mit Russland im Februar 2014 eine Vereinbarung zwischen dem Präsident Janukowitsch und den Demonstranten in Kiew in die Wege leiten, lautet die amerikanische Anweisung Fuck the EU. Bewaffnete Kämpfer stürzen den Präsidenten, rufen eine Putschregierung nach US-Richtlinien aus, und die EU wird sie innerhalb von zwei Tagen gehorsam anerkennen. Ebenso gehorsam ignoriert die EU die Massaker am Majdan und in Odessa, übernimmt die Kampfparolen über die russische Annexion der Krim, die Verschwörungstheorien über den Abschuss des malaysischen Flugzeugs sowie die falschen Berichte über die russische Invasion. Die EU ist immer bereit sich weiteren und weiteren antirussischen Sanktionen anzuschließen, die sie ebenso wie Russland schädigen, und ist bereit die Spannungen in Europa bis an die Grenzen eines Krieges zu eskalieren. In einem einzigen Jahrzehnt hat die europäische Außenpolitik alle ihre europäischen Werte verlassen und sich der Interessen des deep state sowie Israel und der USA bedingungslos untergeordnet.

Ein ähnlicher Prozess wie in der Außenpolitik wirkt sich auch auf das europäische Sozialmodell aus. Den neoliberalen Geldfluss von Armen zu Reichen haben die postkommunistischen Staaten als erste erfahren. Wir haben eine Bombe in die Wirtschaft geworfen, beschreibt es der Vater der tschechischen Couponprivatisierung Dušan Tříska. Im kommenden Chaos verschütten die unsichtbaren Hände das riesige Staatseigentum in die privaten, denn Staat ist der schlechteste Wirtschafter. Die schlanken Staaten lösen sich von ihrer sozialen Verantwortung ab. Wörtlich in wenigen Monaten erscheinen in den vorher sozialistisch egalitären Gesellschaften die ersten Milliardäre, Arbeitslose und Bettler. Es wird weitere zehn und mehr Jahre dauern, bis sie sich wirtschaftlich wieder auf das vorherige sozialistische Niveau erholen.

Der Prozess infiltriert ebenfalls das alte Europa vom Westen aus den USA und vom Osten über die postkommunistischen Länder. Unter den Schlagworten Globalisierung und Wettbewerbsfähigkeit zieht die Industrie zu den billigen Arbeitskräften um und die Gewinne in die Steueroasen. Die Europäer müssen flexibel sein und sich dem Verzicht auf traditionelle Arbeitsschutz- und Sozialstandards beugen. Die Staaten müssen ihre öffentlichen Ausgaben einschränken, Steuern erhöhen, neue Steuern und Gebühren einführen, Schulden machen und den Reichsten entgegenkommen. Große Bevölkerungsgruppen erleben den Rückgang des Lebensstandards. Die Armut verschwindet weltweit, in Europa wächst sie. Noch schneller wächst die Einkommens- und Eigentumsungleichheit.

Die Griechen konsumieren mehr, als sie produzieren, war die Erklärung für die stetig steigende griechische Staatsverschuldung, die nach der Krise 2008 auf 300 Milliarden € bzw. 130% des BIP gestiegen ist. Die Griechen, das sind weder diejenigen, die durch ihres Misswirtschaften, Korruption und Steuerhinterziehung die Schulden verursacht haben, noch diejenigen, zu denen das griechische Geld überlief, noch die, die jahrelang halfen, die Schulden zu verdecken und schon gar nicht diejenigen, die von den horrenden Zinsen profitiert haben. Die Schuldigen sind die gewöhnlichen Bürger. Die sind jetzt verpflichtet, die Schulden zu bezahlen. Nicht etwa durch Steigerung ihrer Wirtschaftsleistung, sondern durch Steigerung ihrer Armut. Seit 2011 kämpfen sie gegen die nicht gewählte Troika der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds. Trotz den Massendemonstrationen, dem Regierungswechsel und dem Referendum endet der Kampf 2015 mit einer griechischen Kapitulation.

Die auferlegten Sparmassnahmen verschieben den Reichen zu was noch von den Armen ausquetschen ist und Griechenland aus dem Europäischen sozialen Modell in die Lage eines Entwicklungslands. Die Troika reduziert den Griechen drastisch das Personal und die Gehälter im Staatssektor, die Sozialausgaben, Renten und Gesundheitsleistungen, lockert die Arbeitsgesetzgebung. Sinkendes Einkommen schwächt die Inlandsnachfrage und die Rezession verschärft sich weiter. Kleine und mittlere Familienunternehmen werden geschlossen, ein Viertel der Bevölkerung ist arbeitslos, mehr als die Hälfte der Jugendlichen. Die Hälfte der Bevölkerung ist von Armut betroffen, 40% leiden an akuter materieller Mangel. Armut, Obdachlosigkeit und Selbstmordrate steigern, die Jungen und Qualifizierten flüchten ins Ausland. Seit dem Beginn der Krise ist das Land unter der Troika-Diktatur wirtschaftlich um ein Viertel geschrumpft und die Staatsverschuldung auf 183% des BIP angewachsen. Inzwischen hat die EU 246 Milliarden Euro der europäischen Steuerzahler als Hilfe für Griechenland den Gläubigerbanken überwiesen und alles ausverkauft, wovon Griechenland in der Zukunft noch profitieren könnte. Das ausgesaugte und überschuldete Griechenland hat keine Hoffnung, dass es jemals die Schulden zurückzahlen und zu dem europäischen Sozialmodell zurückkehren könnte.

Von den europäischen Werten der neunziger Jahre bleibt so im neuen Jahrhundert nichts mehr übrig. Der soziale Markt kapituliert vor der neoliberalen Sparpolitik, es entsteht Prekariat, die Armut steigt. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit lösen sich im Namen des Krieges gegen dem Terror zugunsten von Sicherheitsmaßnahmen und Polizeibefugnisse auf, die Bespitzelung von Bürgern ist längst über alle Maßstäbe der ehemaligen kommunistischen Polizei hinausgewachsen. Die Politik der friedlichen Verhandlungen wurde durch Ultimaten, Sanktionen, militärische Drohungen und Interventionen ersetzt, in die Läden kehrte das Kriegsspielzeug zurück. Das Recht des Stärkeren hat das internationale Recht abgelöst, Kriegsverbrechen werden höchstens bei den afrikanischen Tätern verfolgt. Die heuchlerisch-aggressive Rhetorik über die russische Annexion der Krim, Irans Atomwaffen, Assad´s Menschenrechtsverletzungen, den Terror des islamischen Staates und den Schutz vor den muslimischen Flüchtlingen ignoriert ostentativ die Annexion der Golanhöhen, die Okkupation Palästinas, die israelischen Atomwaffen, die Folter, das Guantanamo, die versteckte Unterstützung des islamischen Staates, die Fluchtursachen von Millionen von Menschen sowie den europäischen Anteil daran. Die Aussichten auf friedliche Koexistenz wurden durch Angst, Hass und Vorbereitungen für einen neuen Krieg ersetzt.

Man kann mehrere Gründe der Unterordnung Europas dem deep state finden. Auf dem ersten Platz ist es zweifellos der Nachkriegsverlass auf die USA in den Bereichen Außenpolitik, Nachrichtendienst und Verteidigung. Neben dem Flüchtlingsschutz entwickelte die EU keine eigenen außenpolitischen Strukturen, die nationalen Strukturen standen weitgehend unter der Aufsicht der Vereinigten Staaten. Dem Putsch der Neocons konnte Europa nichts entgegensetzen und eine eigenständige europäische Alternative formulieren. Um so weniger in einer monopolisierten NATO, die nach dem katalytischen Ereignis mit der Begründung eines Angriffs an die USA Mittäterschaft gefordert hat. Von den Bedenken über den Irak-Angriff 2003 bis zur Bombardierung Libyens im Jahr 2011 hat sich die europäische Außenpolitik voll auf die neuen Gegebenheiten eingestellt. Die kurze Kiewer Episode im Februar 2014 illustriert die neue Rollenverteilung veranschaulich.

Ein anderes chronisches Problem von Europa ist die unverarbeitete Periode des deutschen Nationalsozialismus. Der Schock, wie leicht sich ein kultiviertes humanistisches Europa in barbarische Gewalt zurückbilden kann, hat nicht zum Studium seines Wesens, seiner Ressourcen, Kontexte oder Dynamik der menschlichen Identitäten geführt, sondern zur Einkapselung der gesamten Ära in das Topos eines ewigen, mystischen Antisemitismus, der im Auschwitz-Holocaust gipfelte. Die Juden wurden als Tabu aus dem kritischen Diskurs ausgeklammert. Jede Kritik an dem israelischen Rassismus, an den Verstößen gegen internationale und Menschenrechte sowie an den israelischen Verbrechen stoßt sofort auf das schlechte Gewissen, auf den Antisemitismus-Geschrei sowie auf die bedingungslose Unterstützung Israels durch die USA an.

Dies hat eine Reihe von langfristigen destruktiven Konsequenzen. Wenn die allgemein gültigen Normen nicht für alle gleichermaßen gelten, verlieren sie Glaubwürdigkeit. Der akzeptierte Nimbus eines speziellen, auserwählten Volks widerlegt das Grundaxiom der demokratischen, europäischen und christlichen Kultur über die Gleichheit aller Menschen. Die übersehenen Verbrechen schaffen einen Präzedenzfall für die Straffreiheit weiterer. Das Tabuisieren ist die Antithese der Redefreiheit sowie der akademischen Unabhängigkeit und einmal akzeptiert, beschränkt es sich nicht auf das vorgeschriebene Objekt. Und insbesondere: die Gesellschaft hat eine eigene Dynamik, die sich nicht an den Regeln der Eliten hält. Wenn ein ernsthafter Diskurs ausgeschlossen wird, heißt es beim Weiten nicht, dass keinen anderer stattfindet. Die Vorstellung, dass er von der Macht verdrängt werden kann, ist dumm und kurzsichtig. Das akkumulierte Potenzial droht auf einer Weise zu explodieren, wie es sich in Europa niemand verantwortungsvoller wünscht. Durch Feigheit wurden Probleme nie gelöst, nur verschärft.

Und schließlich wird Europas Gründungsvision des Friedens, der Kooperation und der Menschenrechte aus den 1950er und 1960er Jahren nicht von allen geteilt, die sich später angeschlossen haben. Die Selbstzufriedenheit hat zu einer ambitionierten Verbreitung in Europa und darüber hinaus geführt. Das einzige Kriterium war die wirtschaftliche, rechtliche und administrative Kompatibilität der Kandidaten, nicht jedoch Kompatibilität der Wertesysteme. Das britische Wertesystem zum Beispiel ist traditionell dem angelsächsischen Individualismus näher als dem kontinentalen Kollektivismus. Britannien nimmt die europäische Regeln mit vielen Vorbehalten und Ausnahmen an und stellt permanent eine Bastion des Euroskeptizismus dar, so dass es nicht verwunderlich ist, dass sie die Union als erste verlässt.

Noch auffallender sind die Unterschiede westlich und östlich des ehemaligen Eisernen Vorhangs. Zwei Generationen wachsen in völlig konträren Paradigmen auf. Auf der einen Seite wirkt die Euphorie der Nachkriegs-Erneuerung, die Überwindung historischer Rivalitäten, die Atmosphäre von Freundschaft, Kooperation, Würde und Menschenrechten. Dass die Sicherheit von jemand anderem gewährleistet wird nimmt man zwar zur Kenntnis, doch das amerikanische Gespenst des Kommunismus scheint hier geradezu sexy zu sein. Auf der anderen Seite herrscht die Atmosphäre einer permanenten Bedrohung, Militarismus, Kontrolle, Mangel der Freiheit, Rivalität sowie Neid auf die Erfolge der anderen Seite. Der Unterschied zeigt sich am Beispiel der Wahrnehmung der westeuropäischen Friedensbewegung 1980er Jahre, im Osten mit völligem Missverständnis als Agenten und nützliche Idioten Moskaus verstanden.

Der Zusammenbruch des kommunistischen Blocks brachte den postkommunistischen Ländern einen Wechsel der Vorzeichen, doch nicht der Formeln. Er fand zwar jenseits der Regie der USA statt, doch diese haben schnell nachgeholt. Die neoliberalen Ökonomen haben hier die Gelegenheit zu großzügigen Experimenten gefunden, aber auch zum Druck auf Westeuropa sowie zu äußerst profitablen Investitionen. Die Neokonservativen haben die Kontrolle über die Außenpolitik des neuen amerikanischen Jahrhunderts übernommen. Es sind nicht die USA, wer Gorbatschow betrogen hat, es sind doch die osteuropäischen Länder selbst, die Angst vor Russland haben und eine NATO-Mitgliedschaft fordern. Das gesamte neue Europa beteiligt sich an dem Angriff auf den Irak, in der ersten Kampfreihe Polen. Im Jahr 2006 verhandeln Polen und die Tschechische Republik mit den USA bilateral – an der NATO und der EU vorbei – über US-Militärbasen in ihren Ländern. Zusammen mit den baltischen Staaten bildet Polen einen zuverlässigeren Block zur Abwehr der russischen Aggression. Es soll jedoch erwähnt werden, dass die Pläne der Zusammenstösse von Visegrad Kampftruppen mit den russischen auf den Schlachtfeldern von Ukraine und Moldawien, wie sie George Friedman im März 2014 skizziert hatte, nicht zuletzt dank der Skepsis der Tschechischen Republik, Ungarns und der Slowakei gescheitert sind.

Spätestens seit der Flüchtlingskrise 2015-16 ist jedoch die tektonische Wertebruchlinie durch Europa unübersehbar. Am Beispiel Deutschlands ist zu sehen, dass sie nicht entlang der der Visegrad Grenze, sondern entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs verläuft. Wie lauwarm und halbherzig die Reaktionen der westeuropäischen Länder auf die Herausforderungen von Solidarität und humanitärer Hilfe sind, die Antwort aus dem Neuen Europa ist ein kategorisches NEIN. Das neue Europa ist der EU nicht aus irgendwelchen dubiösen vergänglichen humanitären Gründen beigetreten, sondern aus ganz pragmatischen. Die wirklichen Ziele der europäischen Integration sind die Marktwirtschaft und die Lösung liegt nur in ihrer Liberalisierung und Deregulierung, belehrt Präsident Václav Klaus das Europäische Parlament im Jahr 2009.

Zerfall der Identitäten

Der Abbau einer freien Gesellschaft der Gleichberechtigten ist gleichzeitig Demontage der amerikanischen Nation. Ein Zuverlässiger Indikator ist die wachsende Illoyalität. Durch Bradley Mannings, Edward Snowden und hunderte andere versickern immer weitere Geheiminformationen aus der amerikanischer Politik, Diplomatie, Armee, Geheimdiensten und politischen Parteien nach draußen. Die Massenmedien, die einst die amerikanische Nation gebildet haben, hetzen sie heute gegeneinander auf und das Vertrauen in diese – wie auch in das gesamte politische System – ist unter Null gesunken. Die Gesellschaft spaltet sich entlang der immanenten tektonischen Linien – rechts-linken, ethnischen, sozialen, regionalen. Die letzten drei Präsidenten sowie die Massenprotestbewegungen wie Tea Party oder Occupy Wall Street polarisieren sie zu unversöhnlichen Blöcken. Bei Demonstrationen und Gegendemonstrationen übernehmen bewaffnete weiße Milizen, Black lives matter, Antifa die Initiative. Statuen der Nationalhelden und der Gründerväter werden geschliffen. In Kalifornien. Texas, Oregon und anderswo tauchen separatistische Bewegungen auf, die für den Austritt aus der Union werben. Die Außenpolitik der Destabilisierung kehrt wie ein Bumerang nach Hause zurück.

Ebenfalls der Abbau europäischer Werte hat den Zerfall der europäischen Identität zur Folge. Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten gibt es hier jedoch die traditionellen nationalen Identitäten. Die Spaltung findet eher in einer Form wachsender Euroskepsis sowie einer Rückziehung zu den Nationalstaaten statt. Die kritische Beziehung zu der EU macht sich in zwei Richtungen bemerkbar: einerseits als eine Forderung nach grundlegender Reform im Sinne von Demokratisierung und Transparenz, vertreten etwa durch den ehemaligen griechischen Finanzminister Ianis Varoufakis, oder als radikale Ablehnung weiterer Integration und Rückkehr zur nationalen Souveränität, besonders deutlich in den Visegrad-Ländern.

Das auffälligste Phänomen, auf das sich die Identitätskrise in Europa zurückführen lässt, ist der dramatische Verlust an der Unterstützung für traditionelle politische Parteien sowie der Aufstieg populistischer Parteien, die dem Establishment scharf kritisch gegenüber stehen. Als noch die Beteiligung der FPÖ an der österreichischen Regierungskoalition im Jahr 2000 Anlass zu einer allgemeinen Bestürzung und zu Sanktionen gegen Österreich gewesen ist, traten in folgenden Jahren ähnliche Parteien und Bewegungen in die Parlamente quer durch Europa ein – einschließlich in das Europäische, wo sie eine eigene Fraktion Europa der Nationen und Freiheit gebildet haben. Heute sind sie in den Regierungskoalitionen mehrerer Ländern vertreten.

Die Renaissance nationaler Identitäten und die Rückkehr zu den konservativen Werten sind verständlich und vorhersehbar. Sie entsprechen der Erfahrung, die wahrscheinlich jeder von uns gemacht hat: Solange wir uns wohl und zuversichtlich fühlen und glauben, dass sich die Zukunft zum Besseren entwickelt, sind wir offen, freundlich, kooperativ, neuen Erfahrungen zugeneigt, haben Interesse an der Umwelt. Wenn die Hoffnung scheitert und in Unsicherheit, Angst und Zukunftssorgen umkippt, schließen wir uns, ziehen zu unseren Nächsten zurück, zu den bewährten Werten, wir werden misstrauisch und feindselig. Dies ist der Prozess, der in Europa vor sich geht.

Etablierte Parteien, die in den vergangenen zwanzig Jahren den Zerfall des europäischen Wertesystems verursacht haben, reagieren nun auf den Vertrauensverlust panisch mit einer Verleumdungskampagne gegen den Rechtspopulismus. Es ist aus mehreren Gründen kontraproduktiv. Die populistischen Parteien haben den Wertezerfall nicht verursacht, sie sind die Reaktion darauf. Das abgedroschene Prädikat des Rechten, das Reminiszenzen auf den Faschismus wecken soll, verbirgt, dass ein beträchtlicher Teil ihrer Programme ausgesprochen demokratische und linke Elemente enthält. Auch das gelegentlich verwendete Attribut des Rechtsextremismus verfehlt an der Tatsache, dass sich ein bedeutender Teil ihrer Sympathisanten und Wähler aus gutbürgerlichen Mittelschichten rekrutiert. Und schließlich muss eine solche Überheblichkeit jener, die für die aktuelle Situation verantwortlich sind, notwendigerweise den gegensätzlichen Effekt auslösen.

Demagogie und Hass sind jedoch bewährte Mittel jeder populistischer Bewegungen und ein neuer Ausbruch des gegenseitigen Hasses unter den europäischen Völkern wäre ein Schlusspunkt hinter der siebzigjährigen Friedensentwicklung. Mindestens in dieser Hinsicht gibt es keine Anzeichen. Die populistischen Bewegungen legen den gemeinsamen Schwerpunkt auf den nationalen oder regionalen Patriotismus und auf die konservativen Werte. Gleichzeitig respektieren sie den Patriotismus anderer und zeigen Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Sie stehen der EU weitgehend kritisch gegenüber, allerdings in unterschiedlichem Maße – von den pro-europäischen Demokratisierungsforderungen wie von der deutschen AfD oder der italienischen Lega Nord bis zu einem bedingungslosen Austritt wie bei der britischen UKIP oder der französischen Front National. Das verbindende Element ist die Ablehnung von Einwanderung, Flüchtlingen, Multikulturalismus und der politischen Korrektheit, doch in der ersten Linie die Verbreitung vom anti-islamischen Hass in einem Ausmaß und Intensität der anti-jüdischen der dreißigen Jahre des letzten Jahrhunderts. Die lauwarmen Reaktionen illustrieren die Kontraproduktivität des antisemitischen Topos – diesmal sind nicht Juden das Opfer. Ja im Gegenteil, der antiislamischer Hass wird von proisraelischen Einstellungen begleitet: wir befinden uns auf dem gleichen Schiff, uns alle bedroht der Islam.

Der Aufstieg populistischer Bewegungen ist nur der sichtbare Gipfel des Eisbergs des allgemeinen Vertrauensverlusts, der an die Atmosphäre der letzten Jahre des Ostblocks erinnert. Mit einem Unterschied: damals gab es eine klare, weit verbreitete positive Vision von Demokratie. Eine vergleichbare Vision fehlt heute sowohl im Europa wie auch in den USA. Obwohl alle formalen Kriterien der Demokratie erfüllt zu sein scheinen, ist die Verlagerung von Macht und Geld zu einer engen Elite sowie ihre Kontrolle über die Bürger und die Medien totalitär geworden. Die Sekten, die im Internet und in den sozialen Medien entstehen, schieben die Schuld je nach Präferenzen den USA, Israel, dem Islam, der Globalisierung, den Bankern, Neocons, dem militärischen Industriekomplex oder den multinationalen Konzernen zu. Als Lösung schlagen sie die direkte Demokratie, den autoritativen Staat, die Rückkehr zu der nationalen Gemeinschaft vor. Was auch immer ist besser als das aktuelle Establishment.

Die Aussichten

Das wahrscheinlichste Szenario für die EU ist Business as usual. Der Vertrauensverlust wird zu Teilanpassungen in der Richtung zu etwas mehr Transparenz führen, die Rolle des Europäischen Parlaments wird gestärkt und die Legitimität der Entscheidungen erhöht. Die Trennungslinie des Eisernen Vorhangs wird wahrscheinlich zu einem Europa zweier Geschwindigkeiten sowie zum Fortgesetzten der Integration des EU-Kerns führen, ungeachtet der europäischen Skeptikerländer. Als nächster Integrationsschritt scheint die Gründung einer europäischen Armee zu sein.

Die Hoffnung, mit kosmetischen Maßnahmen das Vertrauen in die EU wiederherzustellen ohne die grundlegenden Probleme anzugehen, ist vergeblich. Die Vorstellung eines harten Kerns, der unabhängig von abweichenden Meinungen seine Integrationsziele durchsetzt, scheitert an der Tatsache, dass die abweichenden Meinungen der euroskeptischen Länder und die abweichenden Meinungen der heimischen euroskeptischen Bewegungen verbundene Gefäße sind. Die Ablehnung der ersteren wird zu einer weiteren Zunahme der Spannungen und schließlich zu weiteren Ausstiegen führen, was die zweiten stärken und radikalisieren wird. Und die Länder, die sich als EU-Kern verstehen, sind innenpolitisch nicht in einem Zustand, in dem sie selbst und mit ihnen die gesamte EU weitere Verschiebungen von Präferenzen schadensfrei überstehen könnten.

Selbst das europäische Armeeprojekt verkündet nichts Gutes. Wie immer es als Zeichen eines europäischen Selbstvertrauens und der Unabhängigkeit von den USA und der NATO aussehen kann, die zu erwarteten Folgen sind eher das Gegenteil. Lassen wir die propagandistischen Drohungen eines russischen, iranischen oder nordkoreanischen Angriffs bei Seite, Europa wird faktisch von niemand bedroht. Der Zweck einer europäischen Armee könnten daher ausschließlich offensive Operationen außerhalb Europas sein. Das heißt in den gleichen Intentionen und Interessen wie sie auch heute verlaufen. Der Enthusiasmus über die zweitgrößte Armee der Welt verratet die Ambitionen, das Vakuum nach der schmelzenden US-Hegemonie zu füllen, nicht als Alternative zu den USA und der NATO, sondern als ihre Ergänzung und ihr Substitut. Die europäische Identität der Werte soll durch eine Identität der Stärke ersetzt werden. Doch diese Erfahrung hat Europa bereits gemacht und die Nachkriegsentwicklung wurde eben durch daraus gezogene Lehre motiviert. In jedem Fall ist es eine Richtung, die Europa seinen ursprünglichen Absichten noch weiter entfremdet.

Doch kehren wir die Frage um: Was müsste geschehen, damit die europäische Identität wieder zu einem glaubwürdigen, attraktiven und integrativen Faktor wird?

Die Antwort ist offensichtlich: eine Rückkehr zu den europäischen Werten. Zu den Werten von Frieden, Gerechtigkeit, Gleichheit, Verantwortung, Würde, sozialem Markt, Kooperation statt Konkurrenz, Verhandlungen statt militärische Stärke, Verzicht auf die hegemonialen Bestrebungen. Zu den Werten, die Europa noch am Ende des letzten Jahrhunderts kennzeichneten.

Heute ist jedoch die Rückkehr zur Errungenschaften der tausendjährigen europäischen Entwicklung bereits eine revolutionäre Forderung an sich. Eine Voraussetzung wäre, jene Mechanismen zu analysieren, die die Kehrtwende verursachten. Eine weitere Aufgabe wäre, den Fluss von Macht und Geld von den selbsternannten Eliten zu den demokratischen Institutionen und den Bürgern umzukehren. Und eine Rückkehr zum Völkerrecht bedeutete auch die Benennung von Verbrechen gegen diesem.

Doch die Welt heute ist nicht mehr die Welt des zwanzigsten Jahrhunderts, als der Frieden durch Isolation unter dem amerikanischen Schutzschirm gewährleistet wurde. Zwischen den neu entstehenden Weltzentren gehört Europa mit ihrem ökonomischen und auch politischen Gewicht zu den wichtigsten. Ohne klare Prinzipien einer verantwortungsvollen Außenpolitik bleibt es nur ein Instrument fremder Interessen. Noblesse oblige gehört zu den europäischen Normen seit den feudalen Zeiten. Heute sind es im Gegenteil die kollabierenden USA, die eine europäische Hilfe brauchen – wohl keine militärische. Europas Hilfe brauchen aber vor allem jene Länder, für die es die Verantwortung ablehnt und zu deren Destabilisierung es entscheidend beigetragen hat. Der Schutz vor den afrikanischen Flüchtlingen kann zwar eine populäre, doch letztlich nur eine billige und kontraproduktive Forderung sein. Mit der wachsenden Ungleichheit zwischen den Staaten wachsen auch die inneren Spannungen und es ist nur Frage der Zeit, wann offene Konflikte ausbrechen, die sich bis nach Europa ausdehnen. Eine Erwartung, dass man Menschen zwingen kann, den Hunger und das Leiden leise und ohne Proteste zu ertragen, ist absurd. Der soziale Frieden in Europa wird nicht durch Repressionen gegen die Armen aufrechterhalten, sondern durch Vorbeugung von Armut. Ein ähnlicher Mechanismus fehlt auf der internationalen Ebene.

Ein noch größeres Problem sind die Folgen der europäischen Nahost Politik – von der kolonialen Zerteilung nach dem Ersten Weltkrieg über die Gründung des Staates Israel ohne palästinensisches Komplement bis zur gegenwärtigen Resignation vor dem zionistischen Expansionismus nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Rückkehr zum Völkerrecht lässt jedoch nicht viel freien Raum zu. Gemäß der Resolution 181 der UN-Generalversammlung von 1947 sollten zwei unabhängige Staaten Israel und Palästina entstehen und Jerusalem als die Hauptstadt der beiden soll der internationalen Überwachung unterstellt werden. Resolution 242 von 1967 fordert den Rückzug der israelischen Truppen aus den besetzten Gebieten. Mehr als ein Dutzend anderer Resolutionen verurteilen israelische Praktiken in den besetzten Gebieten, die Aggression gegen Nachbarstaaten sowie seine Diskriminierungspolitik.

Die Patenschaft der USA und der EU, die es Israel erlaubt, das internationale Recht und die Autorität der Vereinten Nationen unverhüllt zu ignorieren, hat verheerende Folgen weit über dem Nahen Osten. Weitere und weitere Länder, einschließlich der europäischen, eignen sich das Recht des Stärkeren an, fremde Länder militärisch einzugreifen. Europa gerät in eine schizophrene Situation, wenn es einerseits die amerikanisch-israelische Politik des Neuen Nahen Ostens unterstützt, doch nicht mit ihren Folgen in Form von Millionen von Flüchtlingen umgehen kann.

Es bleibt noch hinzuzufügen, wer eigentlich Europa zu seinen Werten zurückführen sollte. Ob die etablierten Parteien schließlich zur Besinnung kommen und zu ihren sozialen, konservativen und liberalen Wurzeln zurückkehren, oder ob sich die neuen Bewegungen vom Hassschüren zu konstruktiven und verantwortungsvollen Programmen durchkämpfen, bleibt dahingestellt. Letztendlich hängt es nur davon ab, ob sie die europäischen Bürger dazu zwingen oder nicht. Ansonsten wartet es auf den Wiederaufbau nach dem nächsten Weltkrieg.