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Ursprünglicher Text: Mexiko, eine Persiflage vor dem Anfang des Ukraine Bürgerkriegs, März 2014
Übersetzung:Uwe Ladwig

Gegen das Aufkommen der Neokonservativen war natürlich auch Mexiko nicht gefeit. Nach Massenproteste im Jahr 1988 übernahm Carlos Salinas de Gortari mittels Betrugs das Präsidentenamt und begann sofort mit neoliberalen Reformen. Ihr Höhepunkt war der Abschluss des Handelsabkommens NAFTA (Nord American Free Trade Agreement) über den Freihandel zwischen den USA, Kanada und Mexiko. Es ist am 1. Januar 1994 in Kraft getreten und bis Jahresende brach die mexikanische Wirtschaft zusammen. Am Tag des Inkrafttretens startete die Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) in Chiapas ihren vierzehntägigen Aufstand gegen den Vertrag. Im Jahr 2000 verlor dann die Partei der Institutionellen Revolution (PRI) das erste Mal nach 71 Jahren die Präsidentschaftswahlen.

In Europa richtete sich zu dieser Zeit der Ehrgeiz der Politiker noch voll auf den auseinandergebrochenen Ostblock, aber am Ende des Jahrhunderts war die Vergrößerung der EU bis zu den Grenzen von Russland und der Ukraine nur noch eine Frage der Zeit und der Formalitäten. Politiker begannen sich die Köpfe zu zerbrechen, was folgen sollte. USA und NATO entstaubten frühere Pläne und drängten auf Drang nach Osten, zuerst über die nördliche Umgehung der Ostsee, dann über die südliche über den Kaukasus und schließlich den Frontalangriff auf Ukraine und Weißrusslands. Während sie jedoch ihre Vorstellungen 1999 in Serbien, zwei Jahre später in Afghanistan und nach weiteren zwei Jahre im Irak konkretisierten, kam es in Europa zu einer gewissen Ernüchterung.

"Wir haben keinen Ersatz fürs Erdgas", konstatierte Gerhard Schröder, "und wieder einmal die Russen gegen uns aufzuhetzen, wäre Selbstmord, was täte ich wohl, wenn ich nicht mehr im Amt bin.” "Ich sehe es ähnlich", nickte Jacques Chirac zustimmend, "wir haben es auch erlebt. Ich würde eher ein französisches Afrika vorschlagen." "Und den Kongo", warf Guy Verhofstadt ein. Schröder runzelte die Stirn und erwähnte Tansania lieber gar nicht. Felipe Gonzales schüttelte den Kopf. " Islam, Flüchtlinge, Korruption, da würden wir uns von innen heraus zersetzen. Wir bräuchten etwas kulturell Näheres und geographisch Entfernteres." Die Anwesenden schauten sich einander ratlos an. "Australien?", versuchte es Tony Blair. " So nicht", fuhr ihn Sylvio Berlusconi an, "wir haben schon genug Probleme mit Ihnen". "Ich dachte jetzt eher an unserer Kolonien", sagte Gonzales schüchtern. "Die Kanaren? Jawohl, das machen wir", begeisterten sich all. "Keine Inseln", sagte Gonzales, "die haben wir bereits. Den Kontinent."

Die Anwesenden hielten den Atem an. "Das würde den Amis wohl nicht gefallen", entgegnete Blair nach einem Moment. "Man müsste es ihnen gut verkaufen ", bedachte Berlusconi, "der Süden hat vom ihren Neoliberalismus den Hals voll und wir könnten gewährleisten, dass sie nicht zu weit nach links abdriften." Chirac schüttelte argwöhnisch den Kopf und meinte zweifelnd: "Das werden sie nicht fressen." "Dem bin ich mir nicht so sicher”, sagte Schröder, "die Sache entgleitet ihnen und sie haben nicht zweimal die Wahl." "Ob sie jedoch nicht uns entgleitet", entgegnete Blair. "Richtig", erklärte Gonzales, "deshalb weiter entfernt. Wenn sie entgleitet, löffeln es die Amis aus, wir riskieren dabei nichts." Die Anwesenden diskutierten noch eine Weile und vereinbarten schließlich, vorsichtig unverbindliche Sondierungsgespräche zu initiieren.

"Die Europäische Union?", fragte Hugo Chávez erstaunt, "das wäre eine Entscheidung zwischen Satan und Teufel. Wenn überhaupt, dann höchstens mit dem sowjetischem Russland." "Und erkennen sie den palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 an?", hinterfragte zuerst Rafael Correa. "Einen freien Zugang zu den europäischen Märkten würden sicherlich alle Familien begrüßen", versicherte Álvaro Uribe, "aber unsere U-Boot- Handelsflotte hat nur einen Aktionsradius von ein paar hundert Kilometern." "Gegebenenfalls könnten Sie ein Assoziierungsabkommen mit Brasilien beantragen", bot Lula da Silva höflich an.

"Ein Assoziierungsabkommen sagen Sie?", überlegte Felipe Calderón und berechnete, wie viele Stimmen er damit López Obrador abluchsen und wie viele in den aufständischen Süden bekommen könnt. "Aber wir sind bereits in der NAFTA." "Das ist immer noch recht unverbindliches Gespräch", sagte Catherine Ashton, "aber wenn Ihrerseits Interesse bestünde, würden wir sicher gemeinsam eine für alle Parteien akzeptable Lösung finden." Calderón nickte lange. "Wir haben gerade einige finanzielle Schwierigkeiten", sagte er schließlich, "letztes mal half uns Bill Clinton sehr." "Die Europäische Union hat für solche Fälle einen Stabilisierungsfond", versicherte ihm Ashton.

."Die Europäer werben Mexiko für EU-Beitritt an ", erklärte erschrocken John Kerry. ”Was?" Barack Obama löste sich vom Bericht über die chinesische Seeverteidigung. "Und was ist mit der Ukraine?" "Die nicht", gestand Kerry, " sie haben den Spies gegen uns umgedreht." „Ist es sicher?" fragte Obama. " Wir haben es in Oficina Presidencia abgehört und von den Zapatisten bestätigen lassen", erklärte Kerry. Obama griff zum Telefon. "Verdammt, kannst Du mir erklären, was hat das mit Mexiko zu bedeuten?" fragte wütend. "Aber das ist ein Missverständnis", antwortete in nettem Ton Angela Merkel, "es ist nichts gegen Dich gerichtet oder gegen die Vereinigten Staaten, im Gegenteil. Wenn es sich entscheidet, der EU beizutreten, stärkt es damit die transatlantische Achse und leistet einen Beitrag zur Stabilisierung Lateinamerikas." Obama schnappte nach Luft. "Mexiko ist untrennbar mit den USA verbunden", sagte er mit sehr entschiedener Stimme, als er sich wieder fasste, "Mexiko, das ist Texas , New Mexico, Kalifornien, Arizona und eine Reihe von Staaten, die zur Zeit formell noch nicht zu uns gehören, wir arbeiten aber daran. In Mexiko leben Amerikaner und Mexikaner in Amerika, Europa hat hier nichts zu suchen." "Wir sind der Meinung", entgegnete Merkel, "dass es ein souveränes Land ist, und dass für sich selbst entscheiden kann. Hättest Du da lieber die Union der sowjetischen lateinamerikanischen Republiken?"

Die Nachricht vom Beginn der Assoziationsverhandlungen Mexikos mit der Europäischen Union beherrschte völlig die Medienwelt. Die Reaktionen in Mexiko selbst waren meist positiv. "Schließlich ist Mexiko bereits seit dem 16. Jahrhundert ein europäisches Land", sagte ein Interviewter in einer Straße der Ciudad de México. "Europa hilft uns weg von Korruption", meinte ein anderer aus der Victoria Reynosa. "Ja, nach Europa, unseren Papst haben wir dort schon", jubelte eine Huicholin aus Guadalajara. "Das wird eine hervorragende Ergänzung zu NAFTA sein, wir werden zur kommerziellen Brücke zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt", rieb sich ein Geschäftsmann aus Chihuahua die Hände. "Das bedeutet europäische Sozialstandards, das Ende von Not, Armut und Ausbeutung durch Gringos" erklärte ein bärtiger Marxist aus Tuxtla Gutiérrez.

"Calderón raus!", befahl Obama John Brennan, "wir brauchen dort jemanden absolut zuverlässigen. Und biete Geld an." " Wir haben kein Geld", entgegnete Brennan. "Nachdrucken, dies hat Priorität", sagte Obama. Die folgende Wahl im Jahr 2012 hat Enrique Peña Nieto gewonnen und nach zwölf Jahren kam die PRI wieder an die Macht. Zehntausende Menschen nahmen im ganzen Land an Protestmärschen teil, die PRI wurde zu einem Symbol von Korruption, Unterdrückung, wirtschaftlichem Zusammenbruch und Wahlbetrug. Die Situation eskalierte, als Nieto es im Oktober 2013 ablehnte, das vorbereitete Assoziierungsabkommen zu unterzeichnen. "Wir brauchen dringend finanzielle Hilfe", erklärte er dazu, "die USA bieten sie uns sofort, die EU erst, wenn wir ihre Kriterien erfüllen, und das dauert viele Jahre. Die USA sind unser größter Handelspartner und die EU bietet uns dafür keinen Ersatz an.

Aber den Paseo de la Reforma besetzte in der Zwischenzeit bereits eine halbe Million Menschen mit Flaggen von Mexiko und der EU, sie blockierte den Boulevard mit Barrikaden, rief Parolen gegen Korruption, Unterdrückung, Nieto, die PRI, die NAFTA, für den Anschluss an die EU und für Mexiko den Mexikanern. Die Demonstrationen dauerten die folgenden Monaten ununterbrochen an und vor der Columna de la Independencia wechselten sich Sprecher aller Richtungen ab, Lehrer, Studenten der Bewegung Yo Soy 132, Politiker der Nationalen Aktionspartei und der Partei der Demokratischen Revolution sowie zapatistische Radikale. Ihrem friedlichen Kampf für die Freiheit versprachen eine Reihe von europäischen und russischen Politikern ihre Unterstützung, einige, wie der ehemalige deutsche Innenminister Gerhart Baum, erschienen sogar persönlich. Über weniger zahlreiche pro-amerikanischen Demonstrationen in der Nähe vom Campos Elyseos, in Sonora, Chihuahua und Coahuila informierten amerikanischen Medien im Detail, europäische und russische nur am Rande.

Die Polizei versuchte immer wieder, die Demonstrationen brutal auseinanderzutreiben, aber der einzige Effekt war eine Eskalation der Gewalt auf beiden Seiten mit ersten Toten. Trotz all der europäischen, russischen und US-amerikanischen Aufforderungen zur Beendigung der Gewalt und zu Verhandlungen über einen Kompromiss erreichten die Geschehnisse im Februar ihren Höhepunkt mit scharfen Schüssen aus Fenstern des Sheraton-Hotels, die Dutzende von Menschen, darunter eine Reihe von Polizisten töteten. Niemand zweifelte daran, dass Enrique Peña Nieto dazu Befehl gegeben hatte. "Sie, die sie verantwortlich für Europa sind", rief der französische Philosoph Bernhard -Henri Lévy auf, "Frau Ashton, die Herren Baroso und Schulz und all die anderen, ist Ihr Platz nicht auf dem brennenden Paseo de la Reforma, den die Demonstranten längst in Paseo de la Europa umbenannten?"

Unter Druck schloss Enrique Peña Nieto mit den Vertretern der EU und der USA ein Abkommen über die Bildung einer neuen Regierung der nationalen Einheit und Neuwahlen. In der Zwischenzeit jedoch brach eine Gruppe maskierter und bis zu den Zähnen bewaffneter Demonstranten durch die Polizeikette vor dem Parlament und forderte ultimativ seine sofortige Absetzung. Nieto blieb nichts als die Flucht und das Parlament änderte hastig die Verfassung, ernannte eine neue Regierung und hob das Gesetz auf, das Englisch als Amtssprache anerkannte.

"Sofort besetzen, zumindest den Norden", fasste Ray Odierno die Situation zusammen. "Abgelehnt", sagte Obama. " Die zapatistischen Kommunisten haben die Kontrolle über das Militär und drohen Amerikaner zu massakrieren", entgegnete Odierno. "Nicht zu reagieren wären Munition und Stimmen für Romney und McCain", bemerkte Valerie Jarrett. " Mit Mexiko verlieren wir den zweitgrößten Handelspartner und die einzige Quelle von Plasma-Bildschirmen, Kokain und billigen Arbeitskräften", erinnerte die hinzugezogene Shannon K. O´Nails. "Wenn wir nicht zu Mexiko halten", ergänzte Kerry, "wie soll ich Japaner, Koreaner und Taiwanesen davon überzeugen, dass wir zu ihnen halten werden?"

Obama seufzte. "Gerade hat man uns aus dem Irak und Afghanistan rausgeworfen", sagte er, "nur um ein Haar konnten wir den Iran und Syrien vermeiden. Wie wollt Ihr die Nation von einem neuen Krieg überzeugen, dazu noch zu Hause, wo alle die Toten vor den Augen haben? Wenn die uns letztlich noch aus Mexiko auch rauswürfen, käme ich in die Geschichte als schlimmerer Bush und nicht als Friedensstifter. Die Armee werden wir da nicht reinziehen." "Es müsste nicht die US-Armee sein", erwägte Odiero, "die könnten ihre Abzeichen abnehmen, Kennzeichen zuschmieren und sich als die mexikanische Miliz heucheln." Obama dachte lange nach. "Abgelehnt", entschied er, „Mexiko ist ein souveräner Staat und hat das volle Recht, sich nach eigenem Ermessen zu entscheiden.“

Kurz danach brachen Demonstrationen und ein Sturm gegen den Ciudad de México und die neue Regierung in einer Reihe nordmexikanischer Staaten aus. Überall organisierte man bewaffnete Milizen und an vielen Orten wurden Bürger europäischer Herkunft angegriffen, vor allem jene mit dem deutschen, italienischen oder polnischen Migrationhintergrund. Francisco Vega de Lamadrid kündigte eine beschleunigte Volksabstimmung über den Austritt des Freien und Souveränen Staates Niederkalifornien aus der Union der Vereinigten Mexikanischen Staaten und ihren Beitritt zu der Union der Vereinigten Staaten Amerikas an. Beobachter sind sich einig, dass die entscheidende Mehrheit der Bürger den Vorschlag unterstützen wird. Die Gouverneure Süd-Niederkalifornien, Sonora und Chihuahua warten nur auf die Zusicherungen der Unterstützung der USA, um sich anzuschließen, und andere warten, wie die Sache ausgehen wird. Die USA erklärten die neue mexikanische Regierung für illegitim und putschistisch und sie weigerten sich, mit ihr zu verhandeln. In die interne Entwicklung Mexikos greifen jedoch nicht ein, nur die Nationalgarde bereitet entlang der mexikanischen Grenze Auffanglagern vor.

"Wir werden die territoriale Integrität von Mexiko verteidigen ", wetterte der neu ernannte Ministerpräsident Gustavo Madero Muñoz von der Partei der Nationalen Aktion, "Wir geben nicht einen einzigen Quadratzoll Mexicos ab!" Der neue Verteidigungsminister Subcomandante Marcos ersetzte sofort die bisherigen korrumpierten Generäle durch erfahrene Kämpfer der Zapatistischen Armee der nationalen Befreiung und ein Teil des Armee-Korps unter der Leitung von Subcomandante Elisa wurde zum Manöver nach Sinaloa verlegt, wo ihre Bereitschaft, das Land von imperialistischen Agenten zu bereinigen, geprüft werden soll. Bisher sind sie nicht auf größeren Widerstand gestoßen und die Zahl der Opfer hält sich bis jetzt in vertretbaren Grenzen. Die Armee ist jedoch voll motiviert und beim weiteren Vormarsch nach Norden dürfte sich das noch ändern.

Neue Informationen über den Beitritt Mexikos zur Europäischen Union sind zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt und daher muss ich den Leser auf die täglichen Nachrichten in den Medien verweisen.