Der Aufstieg global machtorientierter Psychopathen lässt sich fast auf den Tag datieren. Als Helmut Kohl am 9. Februar 1990 zu Gesprächen über die deutsche Wiedervereinigung nach Moskau flog, hatte er einen Brief von US-Außenminister James Baker in der Tasche, in dem er versprechen sollte, die Nato werde keinen Zoll nach Osten vordringen. Kurz vor seiner Abreise erreichte ihn ein Schreiben des amerikanischen National Security Committee, dem nach er einen (NATO-) Sonderstatus für das Gebiet der DDR beantragen solle. Er wählte die erste der beiden widersprüchlichen Anweisungen und gewann damit Gorbatschows Zustimmung.

1990 gab es weit und breit keine Bedrohung aus dem Osten. Die UdSSR zog ihre Armeen aus Osteuropa und dem Baltikum ab, reduzierte ihre Zahl auf ein Drittel, schloss mit den USA einen Vertrag über die Reduzierung ballistischer Raketen, eliminierte mit ihrer Hilfe den größten Teil ihres atomaren Potenzials und brach ein Jahr später zusammen. Auf der Tagesordnung stand ein neues gesamteuropäisches Sicherheitssystem. Es gab keine anderen rationalen Gründe für das Fortbestehen der defensiven Allianz als offensive.

Der triumphale Rausch der unipolaren Führung ergriff die amerikanische Administrative. Wir haben gewonnen, und wir können nicht zulassen, dass die Sowjets von den Fängen der Niederlage Profit ziehen, erklärte Präsident George H. W. Bush dem Helmut Kohl die Umkehr der amerikanischen Außenpolitik. Unsere Hauptaufgabe besteht darin, das Entstehen eines neuen Rivalen zu verhindern, der eine Bedrohung im Ausmaß der ehemaligen UdSSR darstellen würde, formuliert Unterstaatssekretär Paul Wolfowitz im Februar 1992 die neue amerikanische Doktrin, die die amerikanische Außenpolitik für das nächste Jahrhundert prägt.

Damals konnte er den Aufstieg Chinas nicht vorhersehen. Als einziger neuer Rivale kam nur die Verbindung europäischer Technologie und Finanzen mit russischen Bodenschätzen, Charles de Gaulles Gemeinsames europäisches Haus von Lissabon bis Wladiwostok, in Frage. Seine Entstehung zu verhindern, hieß einen Keil zwischen Europa und Russland zu treiben und sie gegeneinander aufzuhetzen, womöglich bis zu einem europäisch-russischen Krieg.

Gemeinsames europäisches Haus

Dies erforderte eine langfristige Vorbereitung. Sie wurde im April 1993 von Václav Havel und Lech Walęsa angegangen, als sie  Präsident Bill Clinton aus Angst vor dem russischen Expansionismus plötzlich zur Aufnahme in die NATO drängten. Trotz der Warnungen etlicher Experten, darunter des NATO-Generalsekretärs, wurden im April 1999 die ersten drei osteuropäischen Länder aufgenommen. Gleichzeitig startete das Verteidigungsbündnis seinen allerersten Kampfeinsatz, die Bombardierung des engsten Verbündeten Russlands, Jugoslawien. Zu einem europäisch-russischen Krieg wurde es jedoch nicht, da Ministerpräsident Viktor Orbán den Druck Großbritanniens, der USA und Senator Joe Bidens zu einem Bodenangriff auf Jugoslawien zurückwies.

1997 gehören Paul Wolfowitz, Dick Cheney und Donald Rumsfeld zu den Unterzeichnern des Manifests Project for a New American Century, das die Durchsetzung der amerikanischen globalen Führung zugunsten amerikanischer Prinzipien und Interessen durch militärische Stärke fordert. Allerdings fehlt dem vorgesehenen Angriff auf den Irak und dem Sturz Saddam Husseins immer noch ein katalytisches Ereignis – wie ein neues Pearl Harbor.

Im Januar 2001 tritt Präsident George W. Bush sein Amt an und mit ihm zehn Neocons, Unterzeichner des Manifests. Im Laufe einiger Monate tritt das fehlende katalytische Ereignis ein. Die Anschläge vom 11. September sind die Zündkapsel des Kriegs gegen den Terror sowie die islamischen Rivalen Israels. Der Plan ist, sieben Länder in fünf Jahren zu zertrümmern.

Das Gemeinsame Europäische Hause zu verhindern ist eine größere Herausforderung. Zunächst erfordert es die Isolierung Russlands von Europa. Beginnend mit Serbien im Jahr 2000 initiieren die USA Farbrevolutionen in den postsowjetischen Ländern, um ihre Regierungen zu stürzen und durch proamerikanische zu ersetzen. Im Jahr 2004 wurden weitere sieben von ihnen in die NATO aufgenommen, bis hin an die Grenzen Russlands, das auf seinen Aufnahmeantrag keine Antwort erhielt. 2008 bezeichnete Putin, wie auch Boris Jelzin bereits im November 1994, die Aufnahme der Ukraine und Georgiens als Bedrohung der Sicherheit Russlands. Die Antwort war die Ankündigung ihrer Aufnahme, sowie gemeinsame Manöver der NATO, der Ukraine, Georgiens und Armeniens. Als Georgien im Sommer seine russischsprachigen Gebiete militärisch angriff und Russland den Angriff in fünf Tagen zurückschlug, ging die antirussische Kampagne in den westlichen Medien in vollem Gange und die ersten Sanktionen wurden verhängt.

Die USA müssen sich in der Ukraine und Moldawien engagieren, schreibt die Washington Post im September 2013, die Ukraine ist der höchste Preis. Bei den Kiewer Demonstrationen 2013/2014 gegen die Verschiebung des Assoziierungsabkommens mit der EU ergriffen ultranationalistische Neonazi-Gruppen, die seit Kriegsende von den USA unterstützt werden, die Initiative. Unter ihrem Schutz erschossen unbekannte Scharfschützen im Februar rund hundert Demonstranten und Polizisten. EU-Vertreter vermittelten eilig eine Einigung zwischen den Demonstranten und Präsident Janukowitsch. Bewaffnete Demonstranten folgten jedoch den Anweisungen der Assistentin des US-Außenministeriums Victoria Nuland und des Vizepräsidenten Joe Biden, stürzten die gewählte Regierung und setzten eine neue, rabiat antirussische ein.

Die EU erkannte sie innerhalb von drei Tagen an, nicht aber die Bewohner der russischsprachigen Gebiete. Die Autonome Republik Krim erklärte ihre Unabhängigkeit und schloss sich Russland an, Aufständische übernahmen die Kontrolle in den Donbas-Gebieten und erklärten ihre Unabhängigkeit. Der Chef der CIA, John Brennan, kam persönlich, um die neue Regierung zu drängen, diese gemäß dem Plan der RAND Corporation militärisch zu niederschlagen. Die US-Strategie hat im März George Friedman beschrieben: Auf den Schlachtfeldern der Ukraine und Moldawiens wird sie von einem Bündnis von Visegrad-Kampfeinheiten unter der Führung von Polen, Rumänien und Aserbaidschan gegen Russland erkämpft.

Auch der zweite Versuch um den europäisch-russischen Krieg scheiterte. Russland verzichtete auf das Eingreifen, die Rebellen fügten der ukrainischen Armee eine spürbare Niederlage zu und die europäischen Staaten zeigten an einer Kriegsführung kein Interesse. Im Gegenteil, sie vermittelten in Minsk ein weiteres Friedensabkommen zwischen der neuen Regierung und den Rebellen. Ihr Ziel war jedoch von Anfang an nicht Frieden, sondern Zeit zu gewinnen, um die Ukraine zu bewaffnen, wie Angela Merkel und Françoise Holland bestätigten, denn es ist nicht gelungen, den Kalten Krieg zu beenden.

Die gewonnene Zeit wurde genutzt, um Russland als ein feindliches Reich des Bösen wieder aufzubauen. Es ist eine korrupte Oligarchie, eine Diktatur, die die Opposition, freie Medien, Künstler unterdrückt und ihre Gegner mit Polonium und Nowitschok mordet. 2014 marschierte es in die Ukraine ein, annektierte die Krim und bereitet sich auf den Rest vor. Russische Hacker greifen westliche demokratische Institutionen an, russische Armeen von Trollen und Bots befallen soziale Medien, Russland hat die Wahl von Donald Trump manipuliert. Alle Zweifel sind russische Desinformationen und haben in den Medien nichts zu suchen. Persönliche Aufmerksamkeit gilt Wladimir Putin, der 2004 Michail Chodorkowski den Verkauf russischer Ölfelder an amerikanische Konzerne abhakte. Er will die UdSSR und das Russische Reich wiederherstellen. Seine Ängste um die russische Sicherheit sind paranoide Wahnvorstellungen eines alternden Diktators.

Im November 2016 wurde unerwartet der Außenseiter Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt, nicht zuletzt dank seines Versprechens, die russisch-amerikanischen Beziehungen zu verbessern. Dies löste Panik unter den Neokonservativen aus. Die besiegte Hillary Clinton ließ die CIA ein gefälschtes Dossier über seine Absprachen mit Russland erstellen, und er wurde beschuldigt, die Militärhilfe für die Ukraine durch die Untersuchung der Korruption von Joe Biden bedingt zu haben. Das Amtsenthebungsverfahren wurde im Senat nicht durchgesetzt, aber jeder Versuch, die Beziehungen zu verbessern, wurde vereitelt. Trumps Wiederwahl musste mit allen Mitteln verhindert werden. Als auch nach seiner Absetzung das zweite Amtsenthebungsverfahren nicht zustande kam, wird ein Strafverfahren gegen ihn vorbereitet.

Der wichtigste Schritt ist jedoch die Vorbereitung der Ukraine auf den Krieg mit Russland. Auf der Ebene der Propaganda wird fanatischer Hass gegen Russland, Russen, die prorussischen Aufständische sowie russischsprachige Mitbürger geschürt. Die Tradition ultranationalistischer Gruppierungen, die während des Krieges an der Seite Nazideutschlands gegen die UdSSR, Russen, Polen, Juden und Roma kämpften, wird zu einer offiziellen staatlichen Identität erhoben. Entlang der Kontaktlinie zwischen der Kiew-Ukraine und den Rebellenregionen im Donbass findet ein achtjähriger Bürgerkrieg und Beschuss von Donbass-Städten statt, mit mehr als 14.000 Toten, 80 % Zivilisten auf der Seite der Rebellen. In den westlichen Medien wird dieser am Rande als Verletzung der Minsker Vereinbarungen erwähnt.

Die formale Aufnahme der Ukraine in die NATO stößt auf Widerstand der europäischen Mitglieder, wird aber de facto fortgesetzt. Die ukrainische Armee wird nach NATO-Standards reorganisiert, von NATO-Ausbildern für den Kampf gegen Russland ausgebildet, mit NATO-Waffen bewaffnet, mit der NATO werden gemeinsame Manöver in der Ukraine durchgeführt, die CIA bildet heimlich die ukrainischen Nationalisten im terroristischen Kampf. Die Innen- und Außenpolitik wird von der amerikanischen Administration bestimmt.

Im Jahr 2021 übernimmt Joe Biden in den USA die Präsidentschaft und mit ihm die Garnitur der Anstifter des ukrainischen Putsches von 2014, Victoria Nuland und Anthony Blinken, die entschlossen sind, das Szenario nach dem Plan der RAND Corporation Wie man Russland überlastet und destabilisiert zum Ende zu bringen. Vorab sichert sich Biden ein Versprechen der G7-Staaten, die russisch-deutsche Gaspipeline zu schließen und beispiellose Sanktionen im Falle einer Invasion einzuführen, an die keiner von ihnen glaubt. Am 16. Februar 2022 beginnt die Artillerie-Vorbereitung der Offensive der ukrainischen Armee zur  Reintegration von Donbass und Krim. Die Bewohner der beschossenen Dörfer müssen nach Russland evakuiert werden.

Am 21. Februar erkannte Russland die Unabhängigkeit der abtrünnigen Republiken an und gab ihrem Antrag statt, sich Russland anzuschließen und vor ukrainischen Angriffen geschützt zu werden. Zwei Tage später startete es eine spezielle Militäroperation, um die Regierung in Kiew zu stürzen. Ihr Plan war jedoch Biden bekannt und die Invasionstruppen wurden bereits erwartet. Mit der russischen Niederlage im Kampf um den Flughafen Hostomel eskalierte die militärische Spezialoperation zu einem regelrechten NATO-Stellvertreterkrieg gegen Russland um die amerikanische Weltherrschaft.

Die hysterische Hasskampagne zeigt in ihrer Intensität, ihrem Hass und ihrer Heuchelei alle Merkmale einer psychopathischen Störung. Russland hat das Verbrechen der Aggression begangen, ruft der Präsident eines Landes, das in diesem Jahrhundert allein zehn Mal das Verbrechen der Aggression begangen hat, zweimal unter Beteiligung der Ukraine, und beruft eine Kommission zur Entkolonialisierung (Zerstückelung) Russlands ein. Putin bombardiert Städte und ermordet Zivilisten, ruft der Präsident eines Landes, für das Shock and Awe gegen zivile Ziele von Deutschland und Japan über Korea und Vietnam bis zu Jugoslawien, Afghanistan, Irak und Libyen eine grundlegende militärische Strategie ist. Putin ist ein mörderischer Diktator, ruft der Präsident eines Landes, das in mehr als zwanzig Ländern mörderische Diktatoren eingesetzt oder unterstützt hat. Es ist Völkermord, ruft der Präsident eines durch Völkermord geschaffenen Landes.

In den Ländern der NATO und den pazifischen Verbündeten funktioniert es. Gesteuerter Russenhass und Begeisterung für die Unterstützung demokratischer Ukraine verdecken die Tatsache, dass der Zweck des Krieges und der beispiellosen Sanktionen nicht nur darin besteht, Russland zu schwächen und zu dekolonisieren, sondern ebenfalls Europa zu schwächen und zu deindustrialisieren. Werte wandern aus dem kolonisierten Europa in die USA. Beginnend mit der Verdopplung der Waffenkäufe in Jahr 2022, überteuerter Energie und dem Rückgang der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit, bis hin zur Motivation europäischer Konzerne zur Flucht in die USA, dazu weitere zig Milliarden Zwangshilfe für die Ukraine, haben zu einem wirtschaftlichen, politischen und moralischen Niedergang geführt, den Europa auf absehbare Zeit nicht ausgleichen kann. Es kann sich damit trösten, dass auch der dritte Versuch, einen europäisch-russischen Krieg herbeizuführen, vorläufig nicht gelungen ist.

China

Nachdem die Entstehung eines neuen Rivalen, des Europäischen gemeinsamen Hauses, verhindert wurde, ist nun ein zweiter neuer Rivale an der Reihe, China. Das Szenario folgt dem bewährten europäischen. In der ersten Runde muss sie in den Medien ordentlich als Feind und als Reich des Bösen kultiviert werden. China ist eine totalitäre Diktatur, überwacht, verfolgt und unterdrückt ihre Bürger, massakrierte Tausende von Studenten auf dem Tienamen-Platz, kerkert die Opposition ein, annektiert Tibet, sperrt Uiguren in Arbeitsumerziehungslagern ein, erkennt keine Menschenrechte an, führt digitalen Krieg gegen den Westen, betreibt Spionage und stiehlt geistiges Eigentum, bedroht seinen Nachbarn mit militärischem Expansionismus und bereitet eine Invasion Taiwans vor. Chinas in- und ausländische Opposition wird aufgebaut, doch eine vollwertige Farbrevolution ist noch nicht gelungen.

Die zweite Runde umfasst wirtschaftliche Maßnahmen, Sanktionen und Verdrängung. Das Hauptziel sind High-Tech-Bereiche, in denen China den USA nicht selten überlegen ist: Kommunikationstechnologie, künstliche Intelligenz, Waffen und Raketensysteme. Die etwas chaotischen Maßnahmen von Donald Trump werden von Joe Biden konsequent weitergeleitet. Im Oktober 2022 verhängte das Amt für Industrie und Sicherheit den Exportverbot für amerikanische Chiptechnologien und Patente nach China, das nicht nur Computerbereiche, sondern auch Biotechnologie, Industrie, Verteidigung und das Bankensystem erheblich beeinträchtigen wird. Die Zusammenarbeit bei der Erforschung und Entwicklung von Coronaviren findet jedoch weiterhin Unterstützung.

Militärische Maßnahmen sind heikel, da China inzwischen über eine größere Flotte verfügt als die USA und alle Kriegssimulationen düstere Ergebnisse vorhersagen. Wie im russischen Fall, besteht die Strategie darin, ihn durch vierzig Militärstützpunkte umzingeln und die Freiheit der Schifffahrt von Kriegsschiffen durch die von China beanspruchten Gewässern zu demonstrieren. Das Ziel ist es, China zu alarmieren und seine Reaktionen als Drohungen darzustellen. Wie in den neunziger Jahren in den postkommunistischen Ländern, wird auch hier in den Nachbarländern die Angst vor chinesischer Expansion geschürt und eine antichinesische Allianz aufgebaut. 2021 wurde die QUAD-Gruppe (USA, Australien, Indien, Japan) reaktiviert und 2022 versuchten die USA, südasiatische Staaten der ASEAN-Gruppe auf einen antichinesischen Kurs zu bringen. Die Stosstruppe bildet die 2021 gegründete angelsächsische Atom-U-Boot-Allianz AUKUS (Australien, Großbritannien, USA).

Trumpf ist jedoch die Republik China auf der Insel Taiwan, die 1971 in der UNO durch die Festland-Volksrepublik China ersetzt und von den meisten Ländern – einschließlich der USA – als Teil des einzigen Chinas anerkannt wurde. Ihre strategische Bedeutung liegt nicht nur im Standort, sondern vielleicht noch mehr in ihrer Halbleiterindustrie, die den größten Teil des weltweiten Verbrauchs an Computerchips abdeckt. Die VR China rechnet mit einer künftigen friedlichen Wiedervereinigung, während Taiwan die Unabhängigkeit beäugelt, was für die VR China wiederum eine rote Linie darstellt. Dieser Zustand hielt ohne Konflikte fünfzig Jahre lang. Nun bildet Chinas rote Linie, wie zuvor die Russlands, eine Herausforderung, diese zu überschreiten, um China zu schwächen.

Entgegen dem bisherigen Konsens ein China, zwei Definitionen bewegt sich nun Taiwan auf eine volle Unabhängigkeit zu, hat diese aber aufgrund der erwarteten chinesischen Reaktion noch nicht erklärt. Das passt zum Modell der Operation Cyclone, die 1979 für Afghanistan entwickelt wurde. Diese besteht darin, das dem Regime feindliche Gruppierungen aufzubauen, zu unterstützen, zu bewaffnen und zu radikalisieren, mit dem Ziel, das Regime zu zwingen, militärisch gegen sie einzugreifen, wodurch es geschwächt und als Aggressor dargestellt wird. Nach Afghanistan bewährte es sich in Jugoslawien, Libyen, Syrien und der Ukraine.

Besonders letzteres eignet sich als Vorlage. Nach und nach wird Taiwan ermutigt, seine Unabhängigkeit zu erklären. 2016 fand das erste direkte Telefongespräch zwischen Präsidentin Cai Jing-wen und Donald Trump statt, seitdem sind Kontakte mit westlichen Politikern, deren Besuche und diverse Handelsabkommen an der Tagesordnung. Sie versichern Taiwan westliche Unterstützung zu, und chinesische Empörung wird als Invasionsdrohung dargestellt. Angst und Hass gegen China werden verbreitet, und Taiwan wird motiviert, seine militärische Verteidigung durch den Einkauf amerikanischer Waffen auszubauen. Der nächste Schritt wird vermutlich die Aufstellung ballistischer Raketen sein.

Die weitere Entwicklung ist voraussehbar, und das Verbot des Exports von Chiptechnologien nach China kann als zusätzlicher Köder verstanden werden. Die Spirale westlicher Provokationen und chinesischer Muskelreaktionen wird unweigerlich einen Punkt erreichen, an dem China eine Invasion Taiwans als unvermeidlich oder zumindest als das kleinere Übel erscheinen wird. Taiwan ist auf dem Weg zur neuen Ukraine und Chai Jing-wen zum neuen Zelenskyi, die die unprovozierte chinesische Aggression heldenhaft bis zum letzten Taiwanesen verteidigen und die allseitige Unterstützung des Westens verdienen – freilich bis auf die militärische.